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Freitag, 27. September 2013

Immer artig "Danke" sagen ;) - Erntedank mit Kurzanspiel der Konfirmanden, Predigt als Dialog mit Konfirmandin

Dieses Anspiel ist für meine Konfigruppe, die sich nicht so gern im Gottesdienst präsentiert und (noch) Angst hat, etwas falsch zu machen. Für die Predigt habe ich eine mutige Konfirmandin gewinnen könnnen.



Anspiel zur Predigt Erntedank 13

Requisite: ein Geschenkpäckchen

Jasmina und Julian stehen vor dem Altar, Jasmina hat das Päckchen in der Hand, schenkt es Julian, sagt dabei „Bittschön!“. Julian freut sich, sagt „Danke!“, legt das Päckchen hinter sich ab.

Julian grübelt, macht eine Geste, die ausdrückt Ich habe eine Idee. Nimmt das Päckchen, schenkt es Jasmina, sagt dabei „Bitteschön!“. Jasmina nimmt das Päckchen, schaut freundlich, sagt „Danke“ und legt es hinter sich ab.

Jasmina grübelt, nimmt das Päckchen, das Spiel mit „Bitteschön!“ und „Danke“ geht wieder von vorne los, beide schauen jetzt aber leicht genervt.

Julian macht eine Ärger- oder Wutgeste, die Jasmina nicht sehen kann, schnappt sich das Päckchen, das „Bitteschön!“ – „Danke“ Spiel geht in die nächste Runde.

Jasmina macht eine Verzweiflungsgeste, aber das Spiel geht wieder von vorne los.

Anita kommt langsam nach vorn.

Julian wird sauer, sagt ganz patzig „Danke!“ und will das Geschenk sofort zurückgeben

Anita greift ein, schnappt sich das Päckchen, sagt: „Das kann ich ja nicht mehr sehen! Evelina, komm mal her, schmeiß das Päckchen weg!“
Evelina kommt, nimmt das Päckchen, schmeißt es in der Sakristei in den Papierkorb.

Jasmina und Julian schauen verblüfft, sagen dann strahlend gemeinsam „Danke, Anita!“ und umarmen sie.

Alle gehen wieder an ihren Platz.


Predigt Erntedankfest 13
MELISSA:     Hast du das gesehen? Die waren ja mies drauf! Dabei sind Geschenke doch was Schönes! So, wie die zwischendurch dann „Danke“ gesagt haben, da hab ich doch gedacht, die bringen sich gleich um! Gut, dass da noch die ANITA gekommen ist und so ne gute Idee hatte!
KB:      Das kannst du laut sagen, MELISSA! Aber ich kann die JASMINA und die JULIAN auch gut verstehen. Manchmal will man vielleicht gar nicht „Danke“ sagen. Da nervt das einfach.
MELISSA:     Dass du dich als Pfarrer traust, so was zum Erntedankfest in der Kirche zu sagen! Du müsstest mir und allen anderen hier doch sagen, dass wir gefälligst dankbar sein sollen für unser Leben und das wir was zu essen haben und was zum Anziehen und …
KB:      MELISSA, bleib ruhig! Meinst du wirklich, dass das was bringt, wenn ich dir und allen anderen hier sagen würde: Jetzt sag aber dem lieben Gott schön „Danke!“? Ich glaube, das bringt gar nichts! Damit ich wirklich „Danke“ sagen kann, muss ich mich doch auch freuen. Und das kann ich niemandem befehlen.
MELISSA:     Aber ich kann doch auch Danke sagen, wenn ich mich nicht freue. Meine Tante, die schenkt mir immer so kratzige Pullover. Und da sag ich auch Danke, obwohl ich die Pullover blöd finde. Ich hab doch meine Tante ganz lieb und ich weiß, dass sie mich auch lieb hat, obwohl sie mir kratzige Pullover schenkt. Und deshalb sag ich Danke, weil ich denke, dass meine Tante sonst vielleicht traurig ist.
KB:      Ja, das kenne ich gut! Aber da siehst du doch auch: eigentlich willst du deiner Tante sagen: „Du, ich hab dich ganz lieb, auch wenn du meinen Pullovergeschmack nicht kennst.“ Und du sagst Danke, und deine Tante denkt vielleicht: „Prima, der MELISSA gefällt mein Geschenk!“ Deine Tante fühlt sich verpflichtet, dir immer wieder so was zu schenken, weil sie denkt, dir gefällt es und du fühlst dich verpflichtet, Danke zu sagen. Und vielleicht geht’s dir oder euch beiden dann mal wie der JASMINA und dem JULIAN. Dass ihr beide völlig genervt werdet.
MELISSA:     Aber was kann man da denn machen? Soll man denn gar nicht mehr Danke sagen?
KB:      Doch, das schon. JASMINA und JULIAN haben zum Schluss ja auch zu ANITA Danke gesagt. Sie waren wieder fröhlich, weil sie gemerkt haben, dass der ganze Zwang, Geschenke immer mit Danke und einem Gegengeschenk zu beantworten, blöd ist. Ein Geschenk ist dann ein Geschenk, wenn der, der schenkt, nichts erwartet und der, der das Geschenk bekommt, sich zu nichts verpflichtet fühlen muss. Und ANITA hat den beiden gezeigt: es geht doch auch ohne! Man kann sich auch ohne solche Geschenke gern haben.
MELISSA:     Soll ich dann meiner Tante sagen: „Schenke mir nichts mehr, ich habe dich trotzdem lieb“? Aber ich kriege doch gern Geschenke, nur nicht kratzige Pullover!
KB:      Wir Menschen sind schon manchmal ziemlich kompliziert, gell. Ich glaube, das musst du mit deiner Tante mal in Ruhe klar machen.
MELISSA:     Aber was hat das ganze denn jetzt mit dem Erntedankfest zu tun, das wir heute feiern? Da müssen wir doch dran denken, was Gott uns alles für unser Leben schenkt und dann bei ihm bedanken. Das müssen wir doch, weil’s uns so gut geht! Weißt du, wenn ich Bilder von Kindern aus Afrika oder so sehe, oder auch von hier, die fast nichts zu essen haben oder nur schmutzige und zerrissene Pullover, da muss ich doch dem lieben Gott danken, dass ich genug zu essen habe – und eigentlich auch, dass ich eine Tante habe, die mir Pullover schenkt. Auch wenn sie kratzig sind. Immerhin habe ich welche.
KB:      Musst du das wirklich?
MELISSA:     Hä, das versteh ich nicht!
KB:      Ich meine, musst du dich wirklich bei Gott bedanken? Wenn du das Gefühl hast, du musst das tun, dann ist es doch kein echtes Bedanken mehr. Ich finde so Tage eigentlich merkwürdig. Gott hat keinen von uns gefragt, ob er leben will. Er hat uns das Leben geschenkt. Klar. Aber manchmal gibt’s Momente, da kann ich nicht „Danke“ fürs Leben sagen. Da geht’s mir
einfach dreckig. Und da kann ich auch nicht sehen, dass andere vielleicht noch schlimmer dran sind.
MELISSA:     Stimmt, das wär’ ja auch blöd, wenn ich sagen würde: „Danke, dass es anderen schlechter geht und dass ich dadurch merke, dass du, Gott, da bist.“
KB:      So sehe ich das auch. Gott braucht mein Dankeschön nicht. Er schenkt uns Menschen das Leben und er schenkt uns Möglichkeiten, etwas damit zu machen. Einfach so, ohne Hintergedanken. Und vielleicht kommt der Dank dann halt nicht zum Erntedankfest, sondern spontan irgendwann anders, wenn ich halt merke, dass ich ein tolles Geschenk bekommen habe.
MELISSA:     Jetzt wird’s mir langsam zu kompliziert! Kannst du das vielleicht leichter erklären?
KB:      Ich mach’s erstmal noch komplizierter. In einem Brief in der Bibel steht ein Satz, den ich ganz wichtig finde. Der Brief heißt 1. Timotheusbrief. Und darin steht: „Alles, was Gott geschaffen hat, ist auch gut, und auf nichts, für das man danken kann, muss man verzichten. Denn alles wird heilig, weil Gottes Wort in unserer Mitte ist und weil wir Gott im Gebet um seinen Segen bitten.“
            Für mich heißt das, das erstmal wirklich alles ein Geschenk und gut ist. Unabhängig davon, ob wir jetzt Danke sagen oder nicht. Zu etwas ganz Besonderem wird es dann, wenn wir unser Danke und unser Gebet sozusagen als Antwort zu Gott bringen. Das kann aber jeden Tag sein oder halt dann, wenn wir es erkennen. Das ist nicht festgelegt. Und schon gar kein „Muss“. Auch dann, wenn ich vergesse, Danke zu sagen oder wenn ich es im Moment nicht kann, bleibt das, was Gott uns schenkt, gut.
MELISSA:     Das habe ich ja verstanden. Aber was hat das jetzt mit Erntedankfest zu tun?
KB:      Ich will den Menschen kein schlechtes Gewissen machen, weil sie nicht immer erkennen, wie toll und wie wenig selbstverständlich es ist, genug zu essen oder genug zum Leben überhaupt zu haben. Da, wo ich geboren bin, gab es früher ganz viele Menschen, die von dem lebten, was auf ihren Äckern und in ihren Gärten wuchs. Auch meine Großeltern und ganz viele Nachbarn von mir und Freunde von meinen Eltern. Für die war Erntedankfest toll und wichtig. Die haben jetzt, wo das meiste geerntet war, wirklich oft das Gefühl gehabt, Gott aus ganzem Herzen Danke sagen zu können, weil genug gewachsen ist, um selbst essen zu können und noch was verkaufen zu können, damit man als Familie gut leben kann. Und ich find’s toll, wenn sich heute auch viele Menschen, die nicht davon abhängig sind, Gedanken machen, wo das, was zu essen da ist, herkommt und wie das so verteilt werden kann, dass ganz viele Menschen satt werden. Aber meiner Meinung nach ist es heute genauso wichtig, Geschenke auch wirklich annehmen zu können – ohne gleich eine Verpflichtung zu sehen oder sich irgendwas davon zu versprechen.
MELISSA:     Ich glaube, jetzt verstehe ich ein bisschen… - Also, du meinst, dass es egal ist, wofür ich danke sage, weil sowieso alles von Gott kommt und dass es auch nicht schlimm ist, wenn ich das mal vergesse?!
KB       So ungefähr. Ich glaube wirklich, dass wir erst wieder entdecken müssen, wie toll es ist, ohne Hintergedanken und Verpflichtungen beschenkt zu werden, bevor wir zum Danken kommen. In jeder Hinsicht, weil Gott alles Gute geschaffen hat. Ich hatte neulich ein Telefongespräch, dass war auch ein Erntedankfest obwohl der Termin nicht im Kalender stand. Da hat mir eine Frau ganz begeistert erzählt, wie toll ihr Geburtstag war und dass sie es klasse fand, dass so viele Menschen an sie gedacht haben und dass das überhaupt das allerschönste Geschenk war, die Menschen die da waren und dass sie das auch als Dankeschön für alles, was sie für andere in den letzten Jahren gemacht hat, gesehen hat, auch wenn sie dafür nicht immer in dem Moment ein Dankeschön gekriegt hat. Und dass sie Gott dankt, dass es so tolle Menschen gibt. Dem kann ich mich im Moment nur anschließen. Ich hab auch manchmal ein Dankeschön vermisst, wenn ich was gegeben habe. Aber in letzter Zeit habe ich von vielen Menschen so viel gute Worte und Unterstützung bekommen, das ist viel mehr Wert als jedes zwanghafte „Danke“.
MELISSA:     Kannst du da noch mehr erzählen?
KB:      Könnte ich, aber das ist dann doch, glaube ich, zu langweilig für die anderen. Da kann ja jeder selber mal überlegen.
MELISSA:     Stimmt, selber denken und selber danken ist viel besser, als dauernd zuhören zu müssen!
KB:      Ja, prima. Dann singen wir jetzt das nächste Lied und ich kann nur noch eins sagen.
MELISSA:     Amen?!
KB:      Ja, so soll es sein.
 

 

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