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Samstag, 24. Dezember 2011

Werdet laut, singt, was das Zeug hält - 1. Weihnachtstag 2011

Text: Psalm 98,1-4


Singet dem HERRN ein neues Lied,

denn er tut Wunder. Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.

Der HERR lässt sein Heil kundwerden;
vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.
Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel,
aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Jauchzet dem HERRN, alle Welt,
singet, rühmet und lobet!

Liebe Gemeinde!

Wer von Ihnen, wer von Euch hat gestern Abend gesungen oder auf andere Art Musik gemacht, mit Flöte oder Keyboard oder anderen Instrumenten? Mit der Musik ist das ja so eine Sache. Fast alle hören gern Musik, sie kann Stimmungen verbessern oder verstärken. Ohne Musik wäre das Leben viel trauriger. Aber nicht jeder hat die Zeit oder Geduld, ein Instrument zu lernen. Und das Instrument, das Gott jedem von uns geschenkt hat, die eigene Stimme, die traut sich auch nicht jeder aus vollem Hals zu benutzen. Viele finden sich peinlich, wenn sie singen, haben Angst, den richtigen Ton zu verpassen und ausgelacht zu werden. Das Fernsehen liefert uns ja mit den Castingshows seit Jahren Beispiele genug dafür. Schade, dass das Singen oft unter einem solchen Leistungsdruck steht. Wie wäre es denn, wenn wir in diesem Jahr zu Weihnachten unser Geschenk mal wirklich annehmen und so laut wir können singen, jauchzen, rühmen, loben. Mit den unterschiedlichen Musikstilen, die wir gut finden. Mit Kirchenliedern oder Volksliedern. Mit Rap und Hip-Hop, mit Pop, Rock oder Schlager. Mit perfekt getroffenen Tönen genauso wie mit Tönen, die knapp oder deutlich neben dem liegen, was sich Komponisten gedacht haben. Die kannten halt unsere Stimmen nicht, was können wir denn dafür, wenn sie nicht für unsere Stimmen komponieren! Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! Und Gott, der Herr, wird sicher keine himmlische Castingshow veranstalten und das nächste Supertalent, den nächsten Superstar oder die Stimme des Himmels suchen.

Fast jedem Menschen macht es Spaß, allein für sich unter der Dusche oder im stillen Kämmerlein zu singen. Ich kann mir vorstellen, dass es für Jesus ein tolles Geburtstagsgeschenk wäre, wenn wir ihm mit dem, was Gott uns geschenkt hat, mit unseren Stimmen, ein vielstimmiges, weltweites Geburtstagsständchen singen würden. Laut und so vielstimmig und unterschiedlich, wie wir sind und wie Gott uns gewollt und gemeint hat. Das größte Weihnachtslied aller Zeiten, von einem Ende der Welt bis zum anderen gesungen, ich stelle es mir einfach nur schön vor, weil die Menschen dabei merken, dass sie zusammengehören. Weil wir Menschen endlich merken, dass sich am Ende gerade in der Vielfalt die Einheit und Einzigartigkeit Gottes abbildet, der sich auf keine Rasse, auf kein Geschlecht, auf keine Nation und kein Bild als das von uns Menschen festlegen lässt, was ihm angeblich entspricht. Gott überrascht uns, indem er uns Vielfalt schenkt.

Und wo sind die Engel? - Christvesper als Lichterkirche, Hl. Abend 2011

Johannes 1,14a in Verbindung mit Jacopo Tintoretto "Anbetung der Hirten"
Liebe Gemeinde!


Und wo sind die Engel? Wenn etwas zu Weihnachten gehört, dann doch die Engel! Die Menge der himmlischen Heerscharen, die den Hirten die frohe Botschaft von der Geburt Jesu erzählten. Der Engel, der Maria die Botschaft brachte, dass sie schwanger werden würde und dass sich ausgerechnet in ihrem Kind Gott den Menschen zeigen will. Der Engel, der, wie Matthäus es erzählt, Josef im Traum erschien und ihn dazu brachte, zu seiner Frau, die ganz offensichtlich nicht von ihm schwanger war, zu bleiben und der ihn rechtzeitig vor König Herodes warnte, der die neugeborenen Kinder umbringen ließ. Engel als Verbindung zwischen der Welt Gottes und der Welt der Menschen. Engel als diejenigen, die gute Nachrichten bringen oder vor Bösem warnen und so Leben beschützen. Engel haben nicht nur zu Weihnachten Hochkonjunktur. Wenn ich mit Eltern spreche, die ihr Kind taufen lassen wollen, dann ist oft die Hoffnung da, dass Gott dem Kind einen Engel an die Seite stellt. Den kann man, so glauben und hoffen sie, zwar nicht sehen, aber er ist eine Verbindung zu Gott. Und Jugendliche und auch richtig alte Menschen sind oft davon überzeugt, dass Engel für sie da sind. Manche Menschen tun sich schwer, an Gott zu glau-ben. Der scheint ihnen so weit weg, so fern und so groß und vor allem so unsichtbar zu sein, dass sie gar nicht wissen, ob es ihn gibt und was sie von ihm halten sollen. Engel sind da eine Nummer kleiner, menschlicher. Und deshalb fällt es vielen, glaube ich, leichter, an Engel zu glauben. Und jetzt sind ausgerechnet auf dem Bild, dass ich Ihnen und Euch zu Weihnachten schenken möchte, gar keine Engel drauf. Oder fast keine. Wenn man ganz genau hinschaut, dann schauen ganz oben in der Mitte kleine Engel staunend durch das kaputte Dach auf das, was sich da abspielt und was sie mit angerichtet haben. „Anbetung der Hirten“ heißt das Bild des venezianischen Künstlers Jacopo Tintoretto. Nachdem die Engel den Hirten erzählt haben, dass Gott sich in einem kleinen Kind der Welt zeigt und auch für sie da sein will, machen sie sich auf in den Stall. So erzählt es Lukas. Ich habe mir immer vorgestellt, dass die Hirten zwar schnell hingelaufen sind, dann aber vor Ehrfurcht still und andächtig das Kind betrachtet haben. Hier auf dem Bild passiert aber etwas anderes. Da ist wirklich Leben im Stall. Oben beten zwar zwei Hirten, aber der eine scheint entweder selber zu essen oder das Kind füttern zu wollen. Und unten, im eigentlichen Stall, da geht es sehr munter zu. Nicht so, als ob man Rücksicht auf das neugeborene Kind nehmen will, sondern so, dass man schon beim ersten Hinschauen merkt: Hier ist das Leben. Und die Frau unten rechts scheint sich auch gar nicht so für das Kind zu interessieren, einer der Hirten ist für sie interessanter. Gerade das ist für mich ein Bild für Weihnachten. Es interessiert gar nicht alle, was da passiert ist. Für manche, vielleicht sogar für viele Menschen, sind ganz andere Dinge im Moment viel spannender. Und trotzdem: genau in diese Welt, in diese Bruchbude von Welt kommt neues Leben – durch Gott. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit“ – so drückt es der Evangelist Johannes in seiner Sprache aus. Gott macht sich greifbar. Mitten im Leben. Das eben oft wie eine Bruchbude daherkommt. Und in dem es Zeiten gibt, in denen Gott alles andere als herrlich oder sichtbar zu sein scheint und in dem es Menschen gibt, die von ihm wenig oder nichts wissen wollen. Die ihren Blick auf andere Dinge richten. Bemerkenswert und, obwohl es alt ist, sehr zeitgemäß an diesem Bild finde ich, dass nicht nur die Engel kaum sichtbar am Rand des Bildes sind. Auch Jesus, das Kind in der Krippe, in dem sich Gott zeigt, ist nicht im Mittelpunkt und verschwindet fast vor den ganzen Ablenkungen für’s Auge.

Weihnachtsführerschein - nur für Kinder? Christvesper mit Krippenspiel, Hl. Abend 2011

Die Predigt kommt im Gottesdienst natürlich nach dem Krippenspiel, das unten aufgeführt ist und von vershciedenen Liedern unterbrochen wird.
Wer darf eigentlich Weihnachten feiern? Manchmal habe ich den Eindruck, es gibt gerade zu Weihnachten so eine Art Führerschein. Und da sollte man auch so etwas wie eine Prüfung bestehen. Und anders als beim Autoführerschein, den man frühestens mit 17 machen darf, scheint es beim Weihnachtsführerschein so zu sein, dass man ihn als Kind viel leichter bekommt.

(Ein Kind nach vorn holen) So, jetzt schauen wir mal, ob du Weihnachten feiern darfst. (Fragen checken).

Alles klar, das lassen wir mal so gelten – Weihnachts-Checker mit Weihnachtsführerschein! Aber eigentlich kann man den Führerschein für Weihnachten gleich zerreißen. Gut, dass es so etwas nicht gibt, finde ich. Jeder darf Weihnachten feiern. In dem Krippenspiel von den Kindern eben ging es vor allem drum, dass Gott auch zu den Kindern kommt. Und dass Jesus ganz besonders für die traurigen Kinder gekommen ist. Und für die Bettler, die nichts haben. Und für die Hirten, die hart arbeiten müssen und die von den reichen Leuten vielleicht gar nicht so ernst genommen werden. Ja, das ist das Tolle an dem, was wir Weihnachten feiern: Gott zeigt uns durch das Jesuskind, dass Kinder nicht weniger wert sind als Erwachsene. Und dass für ihn nicht nur die Menschen wichtig sind, die viel Geld haben oder die alle gut kennen und mögen, sondern auch die, die vergessen werden, die arm sind und die hart arbeiten müssen.

Aber Weihnachten wird es eben nicht nur für Kinder und für besonders arme Leute. Gott sei Dank muss man mit 18 oder 20 den Weihnachtsführerschein nicht neu machen.

Samstag, 17. Dezember 2011

Weihnachten wird NICHT unterm Baum entschieden - 4. Advent, 18.12.2011, Reihe IV

Text: 2. Korinther 1,17-22
Liebe Gemeinde!


Kann man es denn am 4. Advent nicht einfacher haben? Da erzählt Paulus wieder so was Kompliziertes von Ja und Nein und das Gott Ja sagt aber die Leute denken, dass Paulus und die anderen Ja UND Nein sagen und alles ist so kompliziert! Sollte es denn am 4. Advent nicht einfach nur mal schön sein?! In einer Woche ist Weihnachten. Und da wäre es doch schön, wenn es in der Kirche wenigstens ruhig und einfach und besinnlich ist, so dass man ein gutes Gefühl bekommt und einfach mal vom Alltag abschalten kann, Stress vergessen darf und so richtig schöne Vorfreude auf Weihnachten bekommt. Und dann machen der Pfarrer und Paulus es so kompliziert! Kann einem denn der Glauben an Gott, Jesus, nicht helfen, das Leben ein bisschen leichter und einfacher zu machen? Ist das denn zu viel verlangt in einer Welt, in der man kaum noch durchblickt und in der selbst die, die sich für Experten halten, nichts mehr wirklich auf die Reihe kriegen?

Ja, es ist eigentlich ganz einfach mit dem Glauben. Durch Jesus sagt Gott Ja zu uns Menschen. Durch Jesus sagt er uns, dass er die Welt und die Menschen retten will und dass sein Wille nicht der Tod oder die Vernichtung des Lebens ist, sondern das Leben. Ganz einfach eigentlich, was Paulus hier schreibt. Für Paulus spielt die Geburt von Jesus keine Rolle. Für ihn ist es viel wichtiger, dass Jesus nicht tot geblieben ist, sondern dass Gott in ihm gezeigt hat, dass er stärker als Tod und Schuld ist. Aber trotzdem ist es ja nicht falsch, sich daran zu erinnern, dass das alles nur deshalb passieren konnte, weil Gott sich als Mensch in dieser Welt gezeigt hat. Und zum Menschsein gehört ja nicht nur der Tod, sondern auch die Geburt. Also, ganz einfach. In Jesus sagt Gott Ja zu uns Menschen und deshalb können wir auch gern Weihnachten feiern.

Ja, alles ganz einfach- wenn nur nicht wir Menschen wären!

Freitag, 2. Dezember 2011

Sehnsüchtig hoffen - 2. Advent, 04.12.2012, Reihe IV

Text: Jesaja 63,15-64,4
Liebe Gemeinde!


Manchmal gebe ich die Hoffnung auf, mit den Achtklässlern, die ich in Religion unterrichten muss, zurechtkommen und gut reden zu können. Und dann schaffen sie es doch, mich mit guten Einsichten und Fragen aus der totalen Hoffnungslosigkeit rauszuholen. Wenigstens für einen Moment. Hoffnung ist hier das Stichwort. In der letzten Stunde hatten wir uns mit dem Bibelvers „Nun aber bleiben Glauben, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Liebe ist aber die Größte unter ihnen“ beschäftigt. Ich habe gedacht, dass gerade die Mädchen das genauso bestätigen. Aber die wollten das gar nicht einsehen. Die meisten sagten mir: „Aber die Hoffnung ist doch wichtiger. Um lieben zu können, brauche ich doch die Hoffnung, dass das funktioniert. Und ein Leben ohne Hoffnung ist doch mindestens so arm wie eins ohne Liebe. Wenn ich ohne Liebe lebe, dann kann ich doch wenigstens noch die Hoffnung haben, dass das anders wird.“ Die Diskussion ging noch weiter – aber mich hat aus vielen Gründen in dieser Woche die Frage nicht mehr losgelassen, welchen Wert die Hoffnung eigentlich hat. Und von welcher Hoffnung ich heute am 2. Advent ihnen und euch etwas erzählen soll.

Wie ein Geschenk kamen mir dann die Verse aus dem Buch Jesaja vor, die für heute als Predigttext vorgesehen sind. Schon die Form der Worte hat für mich viel mit dem zu tun, was ich in diesem Advent erlebe und gern weitersagen möchte. Da redet keiner, der gerade erzählt, wie toll alles bei ihm ist und wie super alles läuft, auch im Glauben, wie einfach es ist, an Gott zu glauben und wie sich dann alles von selbst zum Guten verändert. Da beten Menschen. Das, was da in der Bibel steht, was ich eben vorgelesen habe, das ist nichts andres als ein Gebet. Da beten Menschen, die Angst davor haben, dass ihnen die Hoffnung ganz wegbricht. Da reden Menschen zu Gott, die, in unsere Alltagssprache übersetzt, zu ihm sagen: „Du bist so weit oben im Himmel, so wunderbar und hast früher den Menschen, geholfen – wir merken im Moment aber gar nichts davon! Wir haben das Gefühl, dass du uns gar nicht mehr siehst und dass wir dich nicht erkennen können. Du bist doch unser Vater – aber das Gute, dass du unseren Vorfahren, Abraham und Jakob - Israel, geschenkt hast, das ist längst aufgebraucht. Zeige dich endlich wieder als der Gott, der die Welt verändert. Wir brauchen dich!“

Vielleicht ist ja in dem Moment noch nicht einmal wirklich Hoffnung da. Ich weiß es nicht. Hoffnung heißt ja, davon auszugehen, dass sich wirklich etwas ändern kann. Vielleicht ist es erst einmal nur die kleine Schwester der Hoffnung, die Sehnsucht, die da ist. Sehnsucht – für mich heißt das, dass eine Ahnung davon da ist,