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Montag, 27. Juni 2011

Es ist besser, für das was man ist gehasst, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden - oder? - 1. nach Trinitatis, Reihe III, 26.06.2011

Text: Johannes 5,39-47 (Neue Genfer Übersetzung)

Liebe Gemeinde!


Was ist eigentlich wichtiger? Die Wahrheit zu sehen und zu sagen oder vor anderen gut da zu stehen und dabei die Wahrheit ein bisschen, sagen wir mal, anzupassen? Ich gehe mal davon aus, dass alle, die jetzt zuhören, egal ob Konfi oder Rentner, Studentin oder mitten im Berufsleben, mit Abi oder mit Hauptschulabschluss spontan sagen: „Die Wahrheit ist wichtiger!“ Würde ich natürlich auch so sagen. Aber ist die spontane Antwort wirklich die ehrliche Antwort? Wenn ich zu mir selber ehrlich bin, dann muss ich schon zugeben, dass es mir zumindest nicht egal ist, was andere denken. Ich versuche, zum Beispiel, meine Predigten so zu halten, dass ich denke, auch Konfis oder Rentner können sie verstehen. Und da lasse ich sicher auch mal schwierige Gedanken aus. Und ich freue mich doch, wenn ich höre: „Ich komme gern zu ihnen in den Gottesdienst, weil ihre Predigten nicht so langweilig sind!“ Zum Beispiel. Ich glaube, den allermeisten Menschen ist es nicht egal, wie sie vor anderen dastehen. Und wem das egal ist, wer wirklich so lebt, dass er um jeden Preis seine Meinung sagt und das, was er für die Wahrheit hält zu 100% raushaut, der tut das oft sehr verletzend und lebt auch sonst eher wenig sozial. Wir Menschen sind auf Be-ziehungen angewiesen. Und deshalb ist praktisch niemand frei davon, auch nach dem Bild zu fragen, das andere von einem haben. Natürlich darf und soll das nicht so enden, dass mein Bild vor anderen künstlich aufgeblasen wird, große Klappe und nichts dahinter. Eines meiner nichtbiblischen Lieblingszitate lautet: „Es ist besser, für das, was man ist, gehasst, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden!“ Es stammt von dem französischen Dichter André Gide. Aber mal ehrlich: Wer von uns strebt danach, gehasst zu werden? Ansehen, Liebe, das ist, wenn wir ehrlich sind, alles andere als unwichtig. Warum ich das jetzt so ausführlich sage und was das mit dem Stück aus dem Jo-hannesevangelium, das ich eben vorgelesen habe, zu tun hat, werden vielleicht manche fragen und mir „Komm endlich zur Sache!“ zurufen wollen.

Samstag, 18. Juni 2011

Wenn Konfirmierte predigen... - Trinitatis, 19.06.11, Reihe III, English version available

Während ihrer Konfirmandenzeit fragte mich eine Konfirmandin, ob sie denn auch mal predigen könne. Ich fand das nicht nur mutig, sondern wollte das in die praxis umsetzen. Trinitatis 2011 war der erste Termin, an dem es klappte. Den Predigttext durfte sich ide Konfirmandin selbst aussuchen, ich habe ihr alle Texte, die Trinitatis "dran" sind, und noch ein paar mehr Vorschläge gegeben. In zwei Sitzungen haben wir gemeinsam die Predigt vorbereitet und uns für eine Dialogpredigt entschieden. Es gibt eine englische Fassung, weil eine Partnerdelegation aus Südafrika zu Gast ist. Wir wechseln abschnittweise, ich beginne, dann kommt Lisa-Marie Kellermann. Und hier das Ergebnis:

Predigttext: Jesaja 6 (Gute Nachricht)

Liebe Gemeinde!

Es ist sicher sehr ungewöhnlich, dass nicht einer alleine, normalerweise der Pfarrer, hier vorne steht und eine Pre-digt hält, sondern dass eine Konfirmierte aus dem letzten Jahr mit da steht. Ich freue mich, dass Lisa so schnell „Ja“ gesagt hat, als ich sie gefragt habe, ob sie nicht mal mit mir zusammen predigen will.

Und ich frage mich mittlerweile, ob das wirklich eine gute Idee von mir war. Ich bin nervös. Heute sind fast alle neuen Konfis da, manche mit ihren Eltern. Und dann auch noch die Gäste aus Südafrika. Und die normale Gemeinde. Und dann auch noch der Predigttext von Jesaja. Ich habe ihn ausgesucht, weil ich fand, dass er ein schöner Dialog war. Aber als wir beide uns zusammengesetzt haben, da fiel mir erst mal gar nicht so viel ein, was man heute dazu sagen kann. Aber einen Rückzieher wollte ich dann doch nicht machen.

Warum denn nicht?

Ich hab’s schließlich versprochen.

Das stimmt, du bist wirklich zuverlässig. Als du noch jünger warst, konnte man sich beim Krippenspiel und im Kinderclub auf dich verlassen und als du selbst Konfi warst, da war das nicht anders. Bis auf die allererste Stunde, die du verpasst hast!

Aber danach war ich doch immer da! Und außerdem glaube ich an Gott. Und mir ist das wichtig. Und deshalb möchte ich auch gern anderen etwas davon erzählen. Obwohl ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob ich das kann. Ich hab’s ja schließlich nicht studiert. Und ein perfekter Mensch mit einem perfekten Glauben bin ich ja auch nicht.

Und da sind wir schon mitten in diesem etwas komplizierten Bibeltext, der ausgerechnet für heute als Predigttext vorgeschrieben ist.

Sonntag, 12. Juni 2011

Tschüss, Pfüati, Adieu - Pfingsten 2011, 12.06.2011, Reihe III

Text: Johannes 16,5-15 (diesmal aus der BASISBIBEL gelesen)

Liebe Gemeinde!


Tschüss – oder eher geflötet: Tschühüss! Auf Wiederse-hen! Ciao! Bis bald! Wir sehen uns! Hau rein! Mach’s gut! Adieu! Servus! Pfüati! Bye! Bleib sauber!

Es gibt unglaublich viele Arten, sich zu verabschieden. Ich weiß nicht, welche sie bevorzugen, welche eure liebste ist. Sicher hängt es oft davon ab, von wem man sich verabschiedet. Von den Eltern verabschiedet man sich anders als von der Freundin, von der Nachbarin anders als vom Enkelkind. Wenn man denkt, dass man sich bald wiedersieht anders, als wenn das Wiedersehen ungewiss ist. Wenn ich zu einem Schwerstkranken oder einem Menschen, der im Sterben liegt, gerufen werde, finde ich ein „Auf Wiedersehen“ eher unpassend. Und mit „Hau rein! Wir sehen uns! oder: Bye!“ verabschiede ich mich auch nicht von meiner Frau. Gibt es so etwas wie die richtige, immer passende Form der Verabschiedung? Vielleicht hat sich das ursprünglich eigentlich ja rein auf Norddeutschland beschränkte „Tschüss“ dazu entwickelt. Manchen, vor allem älteren, ist das vielleicht zu locker, manchen jüngeren nicht cool genug. Aber benutzt wird es von fast allen. Ich finde das schön. Mir würde auch „Pfüati“ gefallen, aber für einen Nichtbayern ist das doch etwas schwer auszusprechen. „Pfüati“ meint nichts anderes als: „Gott führe dich auf deinem weiteren Weg“. Und „Tschüss“ ist nichts anderes als die norddeutsche Form des französischen und etwas aus der Mode gekommenen „Adieu“ – „Mit Gott“. Tschüss heißt nichts anderes als „Gehe deinen Weg mit Gott“ – kann’s einen schöneren Wunsch bei einer Verabschiedung geben? Tschüss – geh deinen Weg mit Gott, er geht ihn auch mit dir. Egal, ob wir uns bald wiedersehen oder lange Zeit getrennt sein werden. Egal, ob ich den Abschied voller Vorfreude auf das, was kommt, kaum erwarten kann, oder ob es ein Abschied für immer sein wird und nur noch die Hoffnung und der Glauben bleiben, dass der Tod nicht das Allerletzte ist, sondern dass Gott mehr für uns bereit hält. Tschüss, Adieu, Pfüati!

Genau das sagt Jesus eigentlich auch seinen Freunden, den Jüngern, den Menschen, mit denen er den Abend vor seiner Verhaftung und Kreuzigung verbringt. Ich habe es eben als Predigttext vorgelesen. Ich habe jetzt nicht die Jahreszeit verwechselt. Ich weiß, dass wir Pfingsten haben und nicht die Passionszeit, kurz vor Os-tern. Aber in diesem Jahr ist nun einmal dieser Abschnitt aus dem Johannesevangelium als Predigttext vorgesehen. Jesus sagt: „Tschüss!“ Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird dieses „Tschüss“ für mich tatsächlich zu einer fröhlichen oder wenigstens froh machenden Botschaft für Pfingsten. „Tschüss!“ – „Geht mit Gott!“ Nehmt Abschied, ihr müsst es tun. Haltet euch nicht am Vergehenden und Gewohnten fest. Geht ins Leben, aber seid gewiss: auf eurem Weg ist Gott mit euch. „Tschüss“ eben, nicht „Macht’s gut!“. Nicht ihr müsst irgendwas gut machen,