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Samstag, 24. Dezember 2011

Werdet laut, singt, was das Zeug hält - 1. Weihnachtstag 2011

Text: Psalm 98,1-4


Singet dem HERRN ein neues Lied,

denn er tut Wunder. Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.

Der HERR lässt sein Heil kundwerden;
vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.
Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel,
aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Jauchzet dem HERRN, alle Welt,
singet, rühmet und lobet!

Liebe Gemeinde!

Wer von Ihnen, wer von Euch hat gestern Abend gesungen oder auf andere Art Musik gemacht, mit Flöte oder Keyboard oder anderen Instrumenten? Mit der Musik ist das ja so eine Sache. Fast alle hören gern Musik, sie kann Stimmungen verbessern oder verstärken. Ohne Musik wäre das Leben viel trauriger. Aber nicht jeder hat die Zeit oder Geduld, ein Instrument zu lernen. Und das Instrument, das Gott jedem von uns geschenkt hat, die eigene Stimme, die traut sich auch nicht jeder aus vollem Hals zu benutzen. Viele finden sich peinlich, wenn sie singen, haben Angst, den richtigen Ton zu verpassen und ausgelacht zu werden. Das Fernsehen liefert uns ja mit den Castingshows seit Jahren Beispiele genug dafür. Schade, dass das Singen oft unter einem solchen Leistungsdruck steht. Wie wäre es denn, wenn wir in diesem Jahr zu Weihnachten unser Geschenk mal wirklich annehmen und so laut wir können singen, jauchzen, rühmen, loben. Mit den unterschiedlichen Musikstilen, die wir gut finden. Mit Kirchenliedern oder Volksliedern. Mit Rap und Hip-Hop, mit Pop, Rock oder Schlager. Mit perfekt getroffenen Tönen genauso wie mit Tönen, die knapp oder deutlich neben dem liegen, was sich Komponisten gedacht haben. Die kannten halt unsere Stimmen nicht, was können wir denn dafür, wenn sie nicht für unsere Stimmen komponieren! Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! Und Gott, der Herr, wird sicher keine himmlische Castingshow veranstalten und das nächste Supertalent, den nächsten Superstar oder die Stimme des Himmels suchen.

Fast jedem Menschen macht es Spaß, allein für sich unter der Dusche oder im stillen Kämmerlein zu singen. Ich kann mir vorstellen, dass es für Jesus ein tolles Geburtstagsgeschenk wäre, wenn wir ihm mit dem, was Gott uns geschenkt hat, mit unseren Stimmen, ein vielstimmiges, weltweites Geburtstagsständchen singen würden. Laut und so vielstimmig und unterschiedlich, wie wir sind und wie Gott uns gewollt und gemeint hat. Das größte Weihnachtslied aller Zeiten, von einem Ende der Welt bis zum anderen gesungen, ich stelle es mir einfach nur schön vor, weil die Menschen dabei merken, dass sie zusammengehören. Weil wir Menschen endlich merken, dass sich am Ende gerade in der Vielfalt die Einheit und Einzigartigkeit Gottes abbildet, der sich auf keine Rasse, auf kein Geschlecht, auf keine Nation und kein Bild als das von uns Menschen festlegen lässt, was ihm angeblich entspricht. Gott überrascht uns, indem er uns Vielfalt schenkt.

Und wo sind die Engel? - Christvesper als Lichterkirche, Hl. Abend 2011

Johannes 1,14a in Verbindung mit Jacopo Tintoretto "Anbetung der Hirten"
Liebe Gemeinde!


Und wo sind die Engel? Wenn etwas zu Weihnachten gehört, dann doch die Engel! Die Menge der himmlischen Heerscharen, die den Hirten die frohe Botschaft von der Geburt Jesu erzählten. Der Engel, der Maria die Botschaft brachte, dass sie schwanger werden würde und dass sich ausgerechnet in ihrem Kind Gott den Menschen zeigen will. Der Engel, der, wie Matthäus es erzählt, Josef im Traum erschien und ihn dazu brachte, zu seiner Frau, die ganz offensichtlich nicht von ihm schwanger war, zu bleiben und der ihn rechtzeitig vor König Herodes warnte, der die neugeborenen Kinder umbringen ließ. Engel als Verbindung zwischen der Welt Gottes und der Welt der Menschen. Engel als diejenigen, die gute Nachrichten bringen oder vor Bösem warnen und so Leben beschützen. Engel haben nicht nur zu Weihnachten Hochkonjunktur. Wenn ich mit Eltern spreche, die ihr Kind taufen lassen wollen, dann ist oft die Hoffnung da, dass Gott dem Kind einen Engel an die Seite stellt. Den kann man, so glauben und hoffen sie, zwar nicht sehen, aber er ist eine Verbindung zu Gott. Und Jugendliche und auch richtig alte Menschen sind oft davon überzeugt, dass Engel für sie da sind. Manche Menschen tun sich schwer, an Gott zu glau-ben. Der scheint ihnen so weit weg, so fern und so groß und vor allem so unsichtbar zu sein, dass sie gar nicht wissen, ob es ihn gibt und was sie von ihm halten sollen. Engel sind da eine Nummer kleiner, menschlicher. Und deshalb fällt es vielen, glaube ich, leichter, an Engel zu glauben. Und jetzt sind ausgerechnet auf dem Bild, dass ich Ihnen und Euch zu Weihnachten schenken möchte, gar keine Engel drauf. Oder fast keine. Wenn man ganz genau hinschaut, dann schauen ganz oben in der Mitte kleine Engel staunend durch das kaputte Dach auf das, was sich da abspielt und was sie mit angerichtet haben. „Anbetung der Hirten“ heißt das Bild des venezianischen Künstlers Jacopo Tintoretto. Nachdem die Engel den Hirten erzählt haben, dass Gott sich in einem kleinen Kind der Welt zeigt und auch für sie da sein will, machen sie sich auf in den Stall. So erzählt es Lukas. Ich habe mir immer vorgestellt, dass die Hirten zwar schnell hingelaufen sind, dann aber vor Ehrfurcht still und andächtig das Kind betrachtet haben. Hier auf dem Bild passiert aber etwas anderes. Da ist wirklich Leben im Stall. Oben beten zwar zwei Hirten, aber der eine scheint entweder selber zu essen oder das Kind füttern zu wollen. Und unten, im eigentlichen Stall, da geht es sehr munter zu. Nicht so, als ob man Rücksicht auf das neugeborene Kind nehmen will, sondern so, dass man schon beim ersten Hinschauen merkt: Hier ist das Leben. Und die Frau unten rechts scheint sich auch gar nicht so für das Kind zu interessieren, einer der Hirten ist für sie interessanter. Gerade das ist für mich ein Bild für Weihnachten. Es interessiert gar nicht alle, was da passiert ist. Für manche, vielleicht sogar für viele Menschen, sind ganz andere Dinge im Moment viel spannender. Und trotzdem: genau in diese Welt, in diese Bruchbude von Welt kommt neues Leben – durch Gott. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit“ – so drückt es der Evangelist Johannes in seiner Sprache aus. Gott macht sich greifbar. Mitten im Leben. Das eben oft wie eine Bruchbude daherkommt. Und in dem es Zeiten gibt, in denen Gott alles andere als herrlich oder sichtbar zu sein scheint und in dem es Menschen gibt, die von ihm wenig oder nichts wissen wollen. Die ihren Blick auf andere Dinge richten. Bemerkenswert und, obwohl es alt ist, sehr zeitgemäß an diesem Bild finde ich, dass nicht nur die Engel kaum sichtbar am Rand des Bildes sind. Auch Jesus, das Kind in der Krippe, in dem sich Gott zeigt, ist nicht im Mittelpunkt und verschwindet fast vor den ganzen Ablenkungen für’s Auge.

Weihnachtsführerschein - nur für Kinder? Christvesper mit Krippenspiel, Hl. Abend 2011

Die Predigt kommt im Gottesdienst natürlich nach dem Krippenspiel, das unten aufgeführt ist und von vershciedenen Liedern unterbrochen wird.
Wer darf eigentlich Weihnachten feiern? Manchmal habe ich den Eindruck, es gibt gerade zu Weihnachten so eine Art Führerschein. Und da sollte man auch so etwas wie eine Prüfung bestehen. Und anders als beim Autoführerschein, den man frühestens mit 17 machen darf, scheint es beim Weihnachtsführerschein so zu sein, dass man ihn als Kind viel leichter bekommt.

(Ein Kind nach vorn holen) So, jetzt schauen wir mal, ob du Weihnachten feiern darfst. (Fragen checken).

Alles klar, das lassen wir mal so gelten – Weihnachts-Checker mit Weihnachtsführerschein! Aber eigentlich kann man den Führerschein für Weihnachten gleich zerreißen. Gut, dass es so etwas nicht gibt, finde ich. Jeder darf Weihnachten feiern. In dem Krippenspiel von den Kindern eben ging es vor allem drum, dass Gott auch zu den Kindern kommt. Und dass Jesus ganz besonders für die traurigen Kinder gekommen ist. Und für die Bettler, die nichts haben. Und für die Hirten, die hart arbeiten müssen und die von den reichen Leuten vielleicht gar nicht so ernst genommen werden. Ja, das ist das Tolle an dem, was wir Weihnachten feiern: Gott zeigt uns durch das Jesuskind, dass Kinder nicht weniger wert sind als Erwachsene. Und dass für ihn nicht nur die Menschen wichtig sind, die viel Geld haben oder die alle gut kennen und mögen, sondern auch die, die vergessen werden, die arm sind und die hart arbeiten müssen.

Aber Weihnachten wird es eben nicht nur für Kinder und für besonders arme Leute. Gott sei Dank muss man mit 18 oder 20 den Weihnachtsführerschein nicht neu machen.

Samstag, 17. Dezember 2011

Weihnachten wird NICHT unterm Baum entschieden - 4. Advent, 18.12.2011, Reihe IV

Text: 2. Korinther 1,17-22
Liebe Gemeinde!


Kann man es denn am 4. Advent nicht einfacher haben? Da erzählt Paulus wieder so was Kompliziertes von Ja und Nein und das Gott Ja sagt aber die Leute denken, dass Paulus und die anderen Ja UND Nein sagen und alles ist so kompliziert! Sollte es denn am 4. Advent nicht einfach nur mal schön sein?! In einer Woche ist Weihnachten. Und da wäre es doch schön, wenn es in der Kirche wenigstens ruhig und einfach und besinnlich ist, so dass man ein gutes Gefühl bekommt und einfach mal vom Alltag abschalten kann, Stress vergessen darf und so richtig schöne Vorfreude auf Weihnachten bekommt. Und dann machen der Pfarrer und Paulus es so kompliziert! Kann einem denn der Glauben an Gott, Jesus, nicht helfen, das Leben ein bisschen leichter und einfacher zu machen? Ist das denn zu viel verlangt in einer Welt, in der man kaum noch durchblickt und in der selbst die, die sich für Experten halten, nichts mehr wirklich auf die Reihe kriegen?

Ja, es ist eigentlich ganz einfach mit dem Glauben. Durch Jesus sagt Gott Ja zu uns Menschen. Durch Jesus sagt er uns, dass er die Welt und die Menschen retten will und dass sein Wille nicht der Tod oder die Vernichtung des Lebens ist, sondern das Leben. Ganz einfach eigentlich, was Paulus hier schreibt. Für Paulus spielt die Geburt von Jesus keine Rolle. Für ihn ist es viel wichtiger, dass Jesus nicht tot geblieben ist, sondern dass Gott in ihm gezeigt hat, dass er stärker als Tod und Schuld ist. Aber trotzdem ist es ja nicht falsch, sich daran zu erinnern, dass das alles nur deshalb passieren konnte, weil Gott sich als Mensch in dieser Welt gezeigt hat. Und zum Menschsein gehört ja nicht nur der Tod, sondern auch die Geburt. Also, ganz einfach. In Jesus sagt Gott Ja zu uns Menschen und deshalb können wir auch gern Weihnachten feiern.

Ja, alles ganz einfach- wenn nur nicht wir Menschen wären!

Freitag, 2. Dezember 2011

Sehnsüchtig hoffen - 2. Advent, 04.12.2012, Reihe IV

Text: Jesaja 63,15-64,4
Liebe Gemeinde!


Manchmal gebe ich die Hoffnung auf, mit den Achtklässlern, die ich in Religion unterrichten muss, zurechtkommen und gut reden zu können. Und dann schaffen sie es doch, mich mit guten Einsichten und Fragen aus der totalen Hoffnungslosigkeit rauszuholen. Wenigstens für einen Moment. Hoffnung ist hier das Stichwort. In der letzten Stunde hatten wir uns mit dem Bibelvers „Nun aber bleiben Glauben, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Liebe ist aber die Größte unter ihnen“ beschäftigt. Ich habe gedacht, dass gerade die Mädchen das genauso bestätigen. Aber die wollten das gar nicht einsehen. Die meisten sagten mir: „Aber die Hoffnung ist doch wichtiger. Um lieben zu können, brauche ich doch die Hoffnung, dass das funktioniert. Und ein Leben ohne Hoffnung ist doch mindestens so arm wie eins ohne Liebe. Wenn ich ohne Liebe lebe, dann kann ich doch wenigstens noch die Hoffnung haben, dass das anders wird.“ Die Diskussion ging noch weiter – aber mich hat aus vielen Gründen in dieser Woche die Frage nicht mehr losgelassen, welchen Wert die Hoffnung eigentlich hat. Und von welcher Hoffnung ich heute am 2. Advent ihnen und euch etwas erzählen soll.

Wie ein Geschenk kamen mir dann die Verse aus dem Buch Jesaja vor, die für heute als Predigttext vorgesehen sind. Schon die Form der Worte hat für mich viel mit dem zu tun, was ich in diesem Advent erlebe und gern weitersagen möchte. Da redet keiner, der gerade erzählt, wie toll alles bei ihm ist und wie super alles läuft, auch im Glauben, wie einfach es ist, an Gott zu glauben und wie sich dann alles von selbst zum Guten verändert. Da beten Menschen. Das, was da in der Bibel steht, was ich eben vorgelesen habe, das ist nichts andres als ein Gebet. Da beten Menschen, die Angst davor haben, dass ihnen die Hoffnung ganz wegbricht. Da reden Menschen zu Gott, die, in unsere Alltagssprache übersetzt, zu ihm sagen: „Du bist so weit oben im Himmel, so wunderbar und hast früher den Menschen, geholfen – wir merken im Moment aber gar nichts davon! Wir haben das Gefühl, dass du uns gar nicht mehr siehst und dass wir dich nicht erkennen können. Du bist doch unser Vater – aber das Gute, dass du unseren Vorfahren, Abraham und Jakob - Israel, geschenkt hast, das ist längst aufgebraucht. Zeige dich endlich wieder als der Gott, der die Welt verändert. Wir brauchen dich!“

Vielleicht ist ja in dem Moment noch nicht einmal wirklich Hoffnung da. Ich weiß es nicht. Hoffnung heißt ja, davon auszugehen, dass sich wirklich etwas ändern kann. Vielleicht ist es erst einmal nur die kleine Schwester der Hoffnung, die Sehnsucht, die da ist. Sehnsucht – für mich heißt das, dass eine Ahnung davon da ist,

Samstag, 26. November 2011

Hoffentlich ist das der letzte Advent! - 1. Advent, 27.11.11, Marginaltext

Text: Sacharja 9,9-12
Liebe Gemeinde!


Es ist mal wieder so weit – 1. Advent! Alle Jahre wieder. Manche konnten es sicher nicht abwarten. Endlich wieder Weihnachtsmarkt und Festbeleuchtung in der Stadt. Endlich wieder die Deko für die Wohnung rausholen. Plätzchen backen und gemütlich Tee und Kaffee trinken, passende Musik hören. Vorbereitungen treffen, Geschenke kaufen und sich was wünschen. Viele freuen sich auf diese Zeit. Viele – nicht alle. Manche fürchten sich vor dem Stress. Jetzt nur nichts vergessen, damit Weihnachten möglichst perfekt wird. Die Geschäfte sind übervoll. An so vieles muss gedacht werden. Adventsfeiern, zu denen gegangen werden muss, in der Schule jede Woche Arbeiten schreiben bis kurz vor den Ferien. Und manche fürchten sich davor, in diesen Tagen noch mehr als sonst zu spüren, dass für sie ganz wichtige Menschen fehlen. Vielleicht ist in diesem Jahr oder schon vor längerer Zeit ein lieber Mensch gestorben. Vielleicht ist eine Beziehung in die Brüche gegangen oder ein Umzug hat Freundeskreise erst mal gestört und vieles ist anders als sonst.

Es ist mal wieder so weit – 1. Advent, in vier Wochen ist Weihnachten. Schön oder schaurig. Alle Jahre wieder. Und alle Jahre wieder wird an diesem Tag die Aktion „Brot für die Welt“ eröffnet. Zum 53. Mal bittet die Kirche um Spenden für Menschen in anderen Ländern, deren Leben durch Hunger und anderen Mangel bedroht ist.

Es ist mal wieder so weit: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt er Herr der Herrlichkeit“ und „Tochter Zion, freue dich, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“. Alle Jahre wieder. Lieder, Bibelverse, die einfach dazu gehören.

Alle Jahre wieder… - wirklich? Wie wäre es denn, wenn es diesmal nicht wie alle Jahre wäre? Wie wäre es denn, wenn die 53. Aktion „Brot für die Welt“ die letzte wäre? Nicht, weil wir geiziger wären oder weil es sich eh nicht lohnt und der Hunger nie besiegt wird, sondern weil es der letzte Advent wäre, in dem Menschen noch hungern und der letzte Advent, bevor wir erleben, was in dem Predigttext herbeigesehnt und versprochen wird: eine friedliche Welt ohne Krieg. Eine gerechte Welt, in der Reichtum nicht mehr zählt. eine Welt, in der Freiheit herrscht. Eine Welt, in der sich die Hoffnungen auf ein gutes Leben mit Gott erfüllen.

Wie wäre es denn, wenn nicht alle Jahre wieder Schönes und Schauriges, Wohliges und Trauriges je nach persönlichem Erleben im letzten Jahr und eigener Stimmung diese Zeit bestimmen, sondern endgültig alles tatsächlich gut wird? Zu schön, um wahr zu sein? Ein Märchen? Ein Gedankenspiel für Spinner, hoffnungslose Romantiker oder weltfremde Träumer? Ja, vielleicht. Aber vielleicht auch

Samstag, 19. November 2011

Lebensmüde oder Lebensmunter? _ Totensonntag, 20.11.11, Reihe IV (statt III)

Text: Phil 1,21-26 (Gedenktag der Entschlafenen, nicht Ewigkeitssonntag)

Liebe Gemeinde!


„Sterben ist für mich ein Gewinn“ – Was muss in einem Menschen vorgehen, damit er so etwas sagen kann? Denken lässt sich da ganz viel. Das könnte ein religiös durchgedrehter Attentäter sagen, der darauf hofft, dass er von zweiundsiebzig Jungfrauen im Paradies bedient wird, wenn er sich und andere in die Luft sprengt. Viel alltäglicher und viel trauriger wird dieser Satz aber, wenn ihn schwer kranke Menschen sagen, die vor lauter Schmerzen nicht mehr ein und aus wissen und einfach genug davon haben. Oder, für mich noch viel trauriger, wenn oft schon ganz junge Menschen keine Lust mehr haben, es mit dem Leben aufzunehmen. Manchmal ist das Gefühl da, das alles schief geht. Beziehungen, Freundschaften, Liebe – all das geht vielleicht gerade kaputt. In der Schule oder im Beruf ist das Gefühl da, das alles, was man anpackt, nur noch danebengeht und nichts mehr klappt. Das Gefühl, das jeder an einem zerrt, jeder was von einem will und man gar nicht mehr weiß, wohin. „Sterben ist für mich ein Gewinn“ – da habe ich endlich meine Ruhe. Und dann werden die anderen schon sehen, was sie angerichtet haben! Ein ganz trauriges Gefühl, ein ganz trauriger Satz. Auch dann, wenn er von älteren und alten Menschen gesprochen wird, die müde geworden sind, weil sie schon so viele Abschiede haben hinnehmen müssen. Abschiede von lieben Menschen, die ihnen hier fehlen. Abschiede auch von manchen Fähigkeiten, die man früher vielleicht noch hatte und die das Alter genommen hat. „Sterben ist für mich ein Gewinn“ – Was soll ich eigentlich noch hier! Es gibt in jedem Leben Zeiten, da scheint es nur noch eine große Last zu sein, die man irgendwie loswerden will. Und vielleicht erwartet oder erhofft man sich dann, dass einem der Glauben an Gott, auch wenn er ganz fern zu sein scheint, dass einem die Bibel oder Gespräche mit einem Pfarrer oder anderen Menschen, von denen man hofft und denkt, dass wenigstens sie auf Gott vertrauen, dem Leben trauen und sich nicht unterkriegen lassen, aus einem solchen Loch wieder raushilft. Die Bibel, der Glauben, Jesus und auch sein Bodenpersonal – das soll doch für Hoffnung, für Leben, für ein gutes Leben stehen!

Und dann findet sich ausgerechnet in diesem Buch der Hoffnung der Satz: „Sterben ist mein Gewinn!“ Paulus hat diesen Satz geschrieben. Er schreibt ihn in seinem Brief an die Gemeinde in Philippi im heutigen Griechen-land. Er schreibt ihn aus dem Gefängnis, in dem er zu Unrecht sitzt und in dem er nicht weiß, ob ihn nicht viel-leicht ein hartes, vielleicht sogar ein Todesurteil erwartet. „Ich habe es satt, ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr, gut, wenn alles endlich zu Ende ist!“ Wenn man nur diesen Satz hätte und nur wüsste, dass er aus dem Gefängnis geschrieben ist, dann könnte man glauben, dass Paulus genau so etwas meint. Aber dieser Satz ist nicht das einzige, was er aus dem Gefängnis schrieb. Er schreibt diesen Satz nicht für sich allein, sondern

Sonntag, 13. November 2011

Geld oder Leben !? - Geld und Leben, vorletzter Sonntag des Kirchenjahres, 13.11.11, Reihe III

Text: Lukas 16,1-9 NGÜ

Liebe Gemeinde!


Jeder schaut auf seinen Vorteil. Solange das Geld, das ich ausgebe oder mit dem ich handele, nicht mein eigenes ist, kann ich damit machen was ich will und fremdes Geld zu meinem Vorteil einsetzen. Und wenn ich dadurch auch noch gute Beziehungen aufbauen kann, die mir nützen: umso besser! Vor drei Jahren begann die weltweite Finanzkrise genau nach diesem Muster. Da haben Menschen mit Geld, das ihnen nicht gehörte, rumgespielt, ihren Vorteil gehabt, aber ausbaden mussten das andere. Treue, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, diese Werte spielten keine Rolle mehr. Hauptsache, die eigene Kasse stimmt. Von der Kirche, von Christen, von Jesus selbst, da wird zu Recht anderes erwartet. Wenn ich mich als Christ verstehe und denke, dass dazu mehr gehört als nur ein geistiges Leben mit Gebeten und Bibellesen und Gottesdienstbesuchen, dann erwarte ich von mir – und anderen – im Sinn von dem, was ich glaube, von Jesus verstanden zu haben, auch in meinem Alltag ein ganz anderes Verhalten. Da erwarte ich Treue, nicht nur in der Ehe oder anderen Beziehungen, sondern auch gegenüber Aufgaben, die ich übernommen habe. Da erwarte ich Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit. Von mir selbst, von Menschen, die sich auf Jesus berufen und sagen, dass sie an ihn glauben. Und natürlich gehe ich davon aus, dass Jesus selbst genau so was auch den Menschen, denen er begegnet ist, vorgelebt und erzählt hat. Und dann finde ich in der Bibel, im Lukasevangelium, eine Geschichte, die mich ganz ernsthaft verwirrt. eine Geschichte, bei der ich mich frage, welches Verhalten da eigentlich von Jesus gut gefunden wird. Eine Geschichte, bei der ich mich frage, wie sie ernst gemeint sein kann und wie ich sie verstehen soll. Sie steht bei Lukas im 16. Kapitel:
Vorlesen, Neue Genfer Übersetzung
Für alle, die das Wort Mammon nicht kennen: in der Sprache, die Jesus wirklich gesprochen hat, heißt das Geld, Besitz. Beim ersten Lesen, beim ersten Hören – und vielleicht auch noch beim zweiten, dritten und vier-ten – da wirkt diese Geschichte, die Jesus erzählt, fast so wie ein Aufruf, es mit der Ehrlichkeit nicht so genau zu nehmen und sich für den Notfall Freunde zu kaufen, die einen raushauen können, wenn man keine Lust auf körperliche Arbeit oder Betteln hat. Treue, Verlässlichkeit, Aufrichtigkeit sieht so jedenfalls nicht aus. Ich habe im Internet den Hinweis gefunden: „Wenn sie ihre Gemeinde nicht verwirren wollen, dann predigen sie nicht über diese Geschichte!“ Aber genau das wäre ja auch wieder nicht ehrlich und aufrichtig. Der Pfarrer, der soll die Gemeinde schonen und nur das erzählen, was einfach zu verstehen ist und nicht die ganze Wahrheit. Ich halte aber niemanden für dumm: die Konfis nicht, die Erwachsenen nicht und ich will niemandem erzählen, dass Jesus es uns immer leicht macht. Es kostet manchmal ein bisschen Anstrengung und Nachdenken,

Samstag, 5. November 2011

Dämonen raus - Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres, 6.11.2011, Reihe III

Text: Lukas 11,13-24 (Übersetzung: Basisbibel)

Liebe Gemeinde!


Wer hat eigentlich verstanden, was ich da gerade vorgelesen habe? Ich meine jetzt nicht nur die einzelnen Wörter und nicht nur die Frage, ob ich laut und deutlich genug gesprochen habe. Ich meine eher den Sinn, den Inhalt. Ich habe die Bibelstelle in den letzten Tagen oft gelesen. Laut und leise, aber es ist mir nicht leicht gefallen, das, was da steht, wirklich zu verstehen. Dämonen und Beelzebul, der Oberste der Dämonen, ein bewaffneter Starker und ein Stummer, der von einem Dämon besessen ist, der ausgetrieben wird – für mich passt das nicht richtig in meine Welt, in mein Leben im Jahr 2011. Für mich passt das in eine Zeit vor vielen hundert Jahren, in der die Medizin und die Wissenschaft ihre Erklärungslücken, die unglaublich groß waren, mit Geisterwesen gefüllt haben. Aber heute ist die Welt doch anders. Dämonen, Satan, Beelzebul, Krankheit als Besessenheit – das ist 2011 nicht zu verstehen. Das ist nicht normal.

Und dann kam mir der Gedanke, dass vielleicht gerade dieses Nichtverstehen, dieses Unnormale der Schlüssel dazu ist, das, was Jesus hier auch für heute noch sagen will, besser zu verstehen. Schon wieder so ein verrückter und unverständlicher Satz vom Pfarrer. Leben ist oft ganz schön normal. Gott sei Dank. Da passiert nicht immer viel Aufregendes, da ist, Gott sei Dank, nicht immer gleich eine schlimme Krankheit am Start. Aber trotz allem wissenschaftlichen Fortschritt, gerade in der Medizin, trotz allem, was wir mit Hilfe der Wissenschaft erklären können, gibt es im Leben immer etwas, das unbeherrschbar und unverfügbar ist. Es gibt Angst, die auch alle menschliche Kunst, die alles menschliche Handeln nicht besiegen kann. Es gibt Böses, Schlimmes, das sich nicht einfach weg reden, leugnen lässt. Böses, Schlimmes, wo unsere Vernunft und Normalität und Kunst an ein Ende kommen. Zwei, drei alltägliche Beispiele.

Die Wissenschaft kann erklären, was eine Krankheit mit dem Körper macht, oft genug auch, wo sie herkommt. Und viele Krankheiten können geheilt werden. Aber oft genug können wir gar nicht anders, als von Krankheiten als „Schicksalsschlag“, als „Prüfung“, als „Katastrophe“ zu reden. Weil Normalität durchbrochen wird, weil Angst da ist, weil wir eben merken, dass wir nicht alles im Griff haben.

Wir wissen, wie sich Alkoholismus auf die Familie aus-wirkt, wir haben oft genug mehr als nur eine Ahnung davon, warum ein Mensch gewalttätig oder kriminell wird. Aber wir haben Angst davor, solchen Menschen zu begegnen oder selbst so zu sein oder zu werden. Und wir wissen ganz genau, dass auch alle menschliche Kunst und Redegewandtheit einen Alkoholiker nicht von der Flasche bringt und dass alles Wegsperren und psychologische Betreuen aus einem Gewalttäter oder Straftäter nicht unbedingt einen Menschen macht, der für andere keine Bedrohung mehr ist.

Dämon, Satan, Beelzebul, diese persönlichen Benennun-gen sind ein Versuch, dieses Böse, was da ist, durch Namensgebung ein Stück weit in seiner Macht zu be-schränken, weil ich ja einen Namen dafür habe und es nicht so ganz unbekannt ist. Im Jahr 2011 finde ich die Vorstellung einer personalisierten, gegengöttlichen, bö-sen Geisterwelt nicht mehr hilfreich. Gott sei Dank ha-ben wir zum Beispiel gelernt, in Menschen, die stumm sind, nicht mehr böse Geister am Werk zu sehen.

Was aber, trotz aller Entgeisterung der Welt, geblieben ist, ist die Angst vor dem, was Menschen nie in den Griff kriegen können. Das Böse, das den normalen, glatten Alltag durchbricht und schwer macht. Mir hilft es, hier eben nicht persönliche Wesen am Werk zu sehen,

Zwischen kuntergrau und dunkelbunt im Nebel

Sonntagsgedanken in der Oberhessischen Presse, die Anregung zu dem "Farbwortspiel" verdanke ich dem Song "XOXO" von Casper

Verwirrung, nichts als Verwirrung, scheint die Welt ergriffen zu haben. Keiner weiß mehr Bescheid. Rezepte für ein gutes Leben, Rezepte für den Erfolg von Menschen, Wirtschaft, Staaten und Staatengemeinschaften, die gestern noch richtig waren, scheinen heute falsch zu sein. Oder doch nicht? Wirtschaftsexperten, Bildungsexperten, Terrorismusexperten, Experten für gelingende Lebensführung erklären uns die Welt. Und am Ende scheint mir oft nur noch Bertold Brecht zu bleiben: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen/ Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Es gibt anscheinend keine klaren Linien, kein klaren Farben, keine klaren Richtungen mehr. Kuntergrau und dunkelbunt, ein Mischmasch, der alles zu vereinen und verschlingen scheint, der nichts mehr klar erkennbar macht.


Vielleicht sind auch diese Worte, vielleicht ist auch diese Zustandsbeschreibung Teil einer Herbstdepression. Der Mangel an Licht, an Aufklärung, die Zunahme an Nebel und Dunkel führt Menschen in Stimmungen, die sich oft genug von allein nicht aufhellen lassen. Die Volkskrankheit Depression und das Burn-Out-Syndrom sind, Zufall oder nicht, gerade in diesem so verwirrenden Jahr verstärkt ins Blickfeld gerückt. Junge Fußballspieler, gute Lehrerinnen, nach außen erfolgreiche Manager – keiner ist mehr sicher davor. Auswege? Da gibt’s wieder gut gemeinte und gut gemachte Ratgeber und Ratschläger – aber was hilft’s?!

Mir drängt sich in diesen Tagen noch einmal eine Aussage von Jesus ins Bewusstsein. In der Auseinandersetzung mit seinen Kritikern wird ihm im Johannesevangelium die Aussage „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ zugeschrieben. Wahrheit und Freiheit gehören für Christen unmittelbar zusammen. Und Wahrheit gibt es nicht ohne die schmerzhafte Erkenntnis von

Sonntag, 16. Oktober 2011

Kämpfernaturen - 17. Sonntag nach Trinitatis, 16.10.2011, Marginaltext

Text: Gen 32,23-33


Liebe Gemeinde!

Wenn man einem anderen was kaputt gemacht hat, dann reicht oft eine Entschuldigung, ein Anruf bei der Versicherung, und schon wird der Schaden behoben. Selbst wenn man sich mit einem anderen geprügelt hat, dann kann man, wenn die erste Hitze abgeklungen ist, vielleicht doch noch einmal darüber reden und wieder zusammenkommen. Materieller Schaden ist ganz gut zu ersetzen, körperliche Wunden heilen oft, manchmal schneller als man denkt. Gestohlenes Geld, ein zerstochener Reifen – alles zu ersetzen. Aber missbrauchtes Vertrauen, die Enttäuschung darüber, dass gelogen und betrogen wurde, nicht von Fremden, sondern von einem Menschen, der mir ganz nahe stand? Ganz, ganz schwierig wird es, wieder zusammenzukommen, wenn Eltern merken, dass ihr Kind es wirklich ernsthaft bestohlen hat. Wenn ein Kind merkt, dass dem Vater die Drogen wichtiger sind als das eigene Kind. Wenn in der Ehe mehr Betrug war als ein flüchtiger Gedanke an einen anderen Mann oder eine andere Frau. Wenn der eine Bruder den anderen um sein Erbe betrügt. Vieles kann man ersetzen. Vertrauen nicht. Gebrochenes Vertrauen muss lange und mühsam wieder wachsen. Wenn das überhaupt gelingt. Manchmal bleibt nur noch Wüste zurück, da wächst nichts mehr.

Verständlich, dass Jakob, der Betrüger, Angst davor hatte, seinem Bruder wieder zu begegnen. Jahrzehnte sind vergangen, beide sind längst erwachsen und haben große Familien. Aber der Vertrauensbruch steht immer noch zwischen ihnen. Jakob hat seinem älteren Bruder das Erbe weggenommen. Den blinden Vater hat er belogen und betrogen. Vor langer Zeit. Aber die Zeit heilt eben nicht alle Wunden. Morgen wollen sie sich wieder begegnen. Das erste Mal seit dem Betrug. Sie wollen neu miteinander anfangen. Aber wird das verlorene Vertrauen als zartes Pflänzchen wieder wachsen können? Oder wird der Bruder seine Wut an ihm auslassen? Jakob spürt, dass er allein sein muss an diesem Abend, in dieser Nacht. Er schickt seine Familie weg und bleibt allein, um sich auf das schwierige Wiedersheen vorbereiten. Und dann geschieht etwas sehr Merkwürdiges. Davon erzählt die Bibel, das erste Buch Mose, so:
Genesis 32,23-33
Ganz merkwürdig, diese Geschichte. Wie viele wichtige Geschichten der Bibel spielt sie nachts.

Sonntag, 2. Oktober 2011

So perfekt - Erntedankfest 2011, Predigt und Anspiel von und mit Konfis, Reihe III

Natürlich ist auch hier die Überschrift geklaut - aber am Ende komm das Lied wirklich vor und wurde im Gottesdienst gespielt.
Text: Jesaja 58,7-11

Milena: Der Predigttext zum Erntedankfest steht in diesem Jahr beim Propheten Jesaja. Ich lese den 7. Vers aus dem 58. Kapitel:


Ladet die Hungernden an euren Tisch, nehmt die Obdachlosen in euer Haus auf, gebt denen, die in Lumpen herumlaufen, etwas zum Anziehen und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen!

Praktisch gibt es so etwas nicht nur in großen Städten oder in fremden Ländern. Und das Ganze ist auch nicht nur etwas, was Erwachsene betrifft. Nur leider klappt das im Alltag nicht immer so, wie es in der Bibel steht. An drei Beispielen aus der Welt von Jugendlichen wollen wir Ihnen und euch das zeigen. Zwischen den kurzen Szenen gibt es Musik. „So perfekt“ heißt das Lied. In dem Lied geht es auch darum, dass manche gemobbt werden oder nicht alles können, dass man sich aber nicht irre machen lassen soll und dass man das, was man tut, richtig machen soll, denn nur dann kann die Welt perfekter werden:

1. Szene: 2 Mädels (Alina, Vikki) schauen auf eine dritte (Christina), die gerade Bier trinkt, lästern –

Alina: Boah, schau dir die da drüben mal an, die ist schon wieder total dicht!

Vikki: Wie eklig! Guck mal, wie die rumtorkelt! Die säuft jeden Tag, die stinkt schon in der Schule nach Schnaps!

Alina: Wenn sie überhaupt kommt! Die ist ja nie vor der 4. Stunde da.

Vikki: Und bis dahin schläft sie bestimmt in ihrer Kotze, so wie die aussieht, säuft und stinkt.

Christina: (kommt näher): Habt ihr mal…

Alina, Vikki: Hau ab, du stinkst!





2. Szene: Pause in der Schule, 2 (Christina, Ela) lästern über eine (Alina), die einfach nur da steht

Christina: Guck mal da drüben, die Caro, voll die Schlampe!

Ela: Die soll ja letztes Wochenende auf der Party bei Jannick die Sau rausgelassen haben. Die hat da echt mit Alex rumgemacht!

Sonntag, 11. September 2011

9/11 - böse Welt und gute Hoffnung, 12. n. Trinitatis, Reihe III

Text: Jes 29,17-24

Liebe Gemeinde!

Bei vielen, die älter als 18 oder 20 sind, gehen heute die Gedanken 10 Jahre zurück. 11. September 2011, das Undenkbare geschieht. Flugzeuge werden entführt und in das World Trade Center, in das Pentagon, das amerikanische Verteidigungsministerium, gelenkt. Weit über 3000 Tote bringt dieser Tag direkt. Bilder, die sich ins Bewusstsein eingebrannt haben. Töne, die einem kaum aus dem Kopf gehen. Wenn ich an diese Zeit vor 10 Jahren denke, dann geht mir eine Toncollage nicht aus dem Kopf. Handygespräche von Menschen aus dem World Trade Center, in denen sie ihren Angehörigen erzählen, wie sehr sie lieben, kurz bevor die Häuser einstürzen und die Gesprächsteilnehmer umkommen, rein gemischt in das Lied „Angel“ der amerikanischen Liedermacherin Sara McLachlan. Weit über 3000 direkte Tote – und ungezählte Tote in der Folge in den Kriegen im Irak, in Afghanistan, durch Terroranschläge in London, Madrid, vielen Ländern Afrikas und Asiens, durch Folter und Hass. Heute vor 10 Jahren. Ein Tag, der die Welt böser und schlimmer gemacht hat. Nicht nur, weil ein paar von blindem Hass getriebene Terroristen durch eine mehr als zweifelhafte Auslegung des Korans Tod und Schrecken gebracht haben und ihre ganze Religion im Westen unter den völlig irrsinnigen Generalverdacht des Terrors gestellt haben. Sondern auch weil Menschen, die sich im christlichen Glauben verwurzelt fühlten oder fühlen, auf diesen Hass angesprungen sind .

In Gefängnissen nicht nur im Irak wurden Menschen gefoltert und gedemütigt, in Gefangenenlagern das Recht auf einen fairen Prozess außer Kraft gesetzt. Und Menschen, die irgendwie muslimisch aussehen oder arabische Namen haben, wurden und werden immer noch bei Sicherheitskontrollen eher scharf und unfreundlich behandelt. Die Beschimpfung von Muslimen im Internet ist genauso salonfähig geworden wie rassistische Parteien in unseren Nachbarländern. Muslime sind mit Sicherheit keine besseren Menschen. Es gibt dort auch viele Gestalten, die sehr, sehr zweifelhaft sind und die Hass anstacheln. Aber dürfen wir als Christen uns davon in unserer Hoffnung und in dem, was wir in der Hoffnung auf das, was Gott möglich macht, leben, irre machen lassen? Ich glaube nicht. Wer sich, ob als Politiker oder als einfacher Bürger, auf das christliche Abendland und christliche Werte beruft, der kommt an den wunderbaren Frie-denshoffnungen der Propheten, die uns auch mit den Juden und dem Volk Israel verbinden, nicht vorbei. Und deshalb finde ich es mehr als nur einen gelungenen Zu-fall, dass ausgerechnet heute, am 11. September 2011, so ein Text der von der Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit, auf die hin wir leben, als Predigttext vorgesehen ist. Diese Hoffnung hat der Prophet Jesaja aufgeschrieben, sie steht in Kapitel 29 seines Buches:

Lesen: Jesaja 29,17-24

Augen und Ohren gehen auf, Menschen, denen Recht und Gerechtigkeit und ein das Überleben gut sicherndes Einkommen vorenthalten wurde, kommen zu ihrem Recht, Tyrannen und Unterdrücker werden beseitigt und das alles wird eine große Einladung dazu sein, Gott als wahren Herrn der Welt zu erkennen. Eine Einladung zum Glauben an Gott, die nicht durch Krieg

Sonntag, 4. September 2011

Huren im Himmel? - 11. . Trinitatis, Reihe V (statt III)

(Die Predigt wurde zu einem Gemeindefest mit der Überschrift "Dem Himmel so nah" gehalten)

Text: Lukas 7,36-50 (Gute Nachricht, weil das die Übersetzung ist, die die Konfis haben)

Liebe Gemeinde!


Ganz nah am Himmel sind wir hier auf dem Richtsberg – zumindest ein paar Meter näher dran als auf dem Schlossberg. Ganz nah am Himmel sind wir auch mit dem, was die Geschichte erzählt, die ein paar von den Konfis eben vorgelesen haben und über die ich heute predigen will. Klar, die meisten werden mit recht sagen: auf dem Richtsberg geht’s nicht immer gerade himmlisch zu. Und manche wundert’s vielleicht auch, dass in der Bibel was von Prostituierten steht. Und das soll himmlisch sein? Wenn ich jetzt mal eine Spontanumfrage machen würde, käme wahrscheinlich raus: Himmel, das ist doch was anderes. Ein perfekter Ort. Ein Ort, an dem es nichts Böses gibt. Ein Ort, an dem niemand mehr unter Gewalt leiden muss. Ein Ort, an dem Engel sind, die auf eine aufpassen, die einem helfen. Ein Ort ohne Trauer, ohne Leiden, ohne Tränen, ohne jedes Böse. Ein Ort, an dem man sich leicht und gut fühlt. So oder so ähnlich sind wahrscheinlich die Antworten auf das, was den Himmel ausmacht. Und dann so was, so eine Geschichte, in der sogar von einer Prostituierten, einer Frau, die ihren Körper an Männer verkauft, die Rede ist! Das steht in der Bibel? So haben sich manche meiner Konfis, mit denen ich vor ein paar Wochen über die Geschichte gesprochen habe, gewundert. Ja, das steht in der Bibel. Und das das drinsteht, ist für mich schon ein Stück vom Himmel.

Prostitutes are close to heaven!?

Luke 7, 36-50

Dear concegration,


we're very close to the sky here at the Richtsberg – at least some meters closer than on the

Schlossberg (the other mountain in Marburg). The story we just heard as it was read by the

confirmees is also quite heavenly. It's the basis for today's sermon. Well, most people will say

the daily life here at the Richtsberg is not that heavenly. And maybe some are wondering why

the bible talks about prostitutes. Does heaven look like this? If I did a spontaneous survey,

most of you would say: Heaven, that's different. Heaven is a perfect place - a place without any

evil, a place where no one has to suffer violence, a place where the angels are, where they take

care and help us; a place without mourning, suffering, without tears or any evil. A place where

you feel good and easy. That's what the answers to a survey might look like. But, however, the

story today is about a prostitute – a woman who sells her body to men. Is that really in the

bible? Some weeks ago I discussed this story with some confirmees and they had exactly that

question. Yes, it's in the bible. And just this fact feels like heaven for me.

Sonntag, 21. August 2011

To Be Is To Become???!!! - 9th after Trinitysunday, Aug 21st, 2011

Matthew 7,24-29

Dear Brothers and Sisters!


Are you Christian? Who of you all can answer: „Yes, I am“? Who would say: “No”? And who is uncertain, whose answer is: “Maybe, but I’m not really sure”?

Maybe – perhaps maybe is the human way to answer this question. You are not fixed, you leave all possibilities open. And so far, as human beings we are all not perfect, there are a lot of errors in our minds, why not in the knowledge of our Christian status? But this is a lukewarm point of view. Really interesting are the Yes or No answers. Everyone who fixes himself to one of these positions has an idea or perhaps a persuasion what it REALLY means to be Christian. Up to last Friday, I thought my answer would be clearly “Yes, of course I’m Christian!” I’m baptized. So, baptism isn’t the one and only Christian feature, but it’s a strong one. Baptism brings us in a visible relation to God. But it was not my own decision. My parents decided about my baptism. After being baptized, my life could have been driven into a completely wrong direction. Hitler and Stalin, the worst mass murderers in the last century, had been baptized.

Das Sein ist im Werden ???!!! (Zumindest als Christ) - 9. n. Trinitatis, 21.08.11, Reihe III

Text: Mt 7,24-29



Liebe Gemeinde!

Bist du ein Christ? Wer von euch und ihnen beantwortet die Frage mit einem ganz klaren „Ja“? Wer mit einem „Nein“? Und wer sagt „Vielleicht, ich bin mir da nicht so ganz sicher?“ Vielleicht, das ist die menschlichste Antwort. Vielleicht legt einen nicht fest und lässt alles offen. Und außerdem sind wir Menschen ja von unserem Wesen her nicht allwissend, wir können uns irren, warum also nicht auch in Bezug darauf, ob wir Christen sind oder nicht. Spannend sind die Ja- und die Neinsager. Jeder, der sich festlegt, der hat doch zumindest eine Ahnung, wenn nicht gar eine feste Überzeugung davon, was einen Christen ausmacht und was nicht. Bis Freitag hätte ich für mich die Frage, ob ich ein Christ bin, ganz klar mit einem Ja beantwortet. Ja, ich bin ein Christ. Ich bin getauft. Natürlich ist die Taufe nicht das einzige Merkmal. Aber schon ein wichtiges. Die Taufe stellt uns sichtbar in eine Verbindung zu Gott. Aber die Taufe, das ist etwas, was meine Eltern entschieden haben. Ich hätte ja auch einen ganz anderen Lebensweg einschlagen können. Hitler und Stalin, die schlimmsten Menschenvernichter des letzten Jahrhunderts, die Millionen Menschen auf ihrem Gewissen haben, waren schließlich auch getauft.

Sonntag, 14. August 2011

Frieden? - "Ich hau der Schlampe eine rein" - Frieden!, 8. n. Trinitatis, 14.08.11, Reihe III

Text: Jesaja 2,1-5

Liebe Gemeinde!


Eine Welt ohne Krieg – wahrscheinlich hat es die nie ge-geben. Hier in Deutschland und in den meisten Ländern der EU kennen nur Rentner den Krieg aus eigenem Erle-ben, aber schon in Kroatien, Serbien, Bosnien und dem Kosovo vor unserer Haustür und erst recht in vielen Ländern in Asien und Afrika ist das ganz anders. Krieg und Gewalt gehörten oder gehören zum Alltag. Eine Welt ohne Gewalt, eine Welt in der sich Menschen aus allen Ländern, egal welche Religion sie haben und egal welchen Gott sie angebetet haben, von dem einen Gott zurechtweisen lassen und aus der Spirale der Gewalt – wie du mir, so ich dir, wenn du mich anmachst, dann kriegst du es doppelt zurück – ausbrechen und keiner mehr lernt, Krieg zu führen, eine Welt, in der keine Waffen mehr hergestellt werden und es nur noch darum geht, den Menschen angenehme Lebensbedingungen zu schaffen und die Menschen satt zu bekommen, eine solche Welt war ein Traum, ist ein Traum und wird es, solange ich lebe, vermutlich bleiben.

Ist es dann nicht völlig sinnlos

Sonntag, 7. August 2011

SATT! - 7. Sonntag n. Trinitatis, Reihe III, 07.08.2011

Text: Joh 6,30-35



Liebe Gemeinde!

Wie es ist, Hunger und Durst zu haben, habe ich noch nie wirklich erleben müssen. Ich bin ein begeisterter Bergwanderer und auch schon in großer Hitze unterwegs gewesen. Natürlich hatte ich dann irgendwann auch Durst, aber ich wusste: spätestens dann, wenn ich wieder bei meiner Unterkunft bin, kann ich auch genügend trinken. Und wirklich Hunger musste ich noch nie haben. Gott sei Dank geht es hier bei uns fast allen Menschen, die so alt wie ich oder jünger sind ganz ähnlich. Die älteren Menschen, die den zweiten Weltkrieg miterlebt haben, die in Russland als Deutsche in der Trudarmee Zwangsarbeit leisten mussten, die können andere Geschichten erzählen. Aber hier und heute bei uns, da sind Brot und sauberes Wasser reichlich da. Dass es auch ganz, ganz anders sein kann, zeigen im Moment die schrecklichen Bilder aus Somalia und Kenia, wo eine unvorstellbare Dürrekatastrophe täglich hunderten von Menschen, vor allem Kindern und alten Menschen, das Leben raubt. Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Wie würden wohl die Menschen, die von dieser Hungersnot betroffen sind, die Worte von Jesus hören? Wie haben die Menschen auf der Flucht, in Zwangsarbeiterlagern, als Kriegsgefangene oder in wirklich armen Familien, in Russland, in Deutschland, in den USA diese Worte gehört? Ja, ich bin satt und schnell dabei, diese Worte als geistige Nahrung zu verstehen. Der Glauben an Jesus, der hilft dabei, geistig nicht zu verhungern. Und darüber kann und werde ich noch was erzählen.

Aber mir gehen bei diesen Worten gerade heute die Bil-der aus Afrika genauso wenig aus dem Kopf wie viele Erzählungen von alten Menschen, die für ihre Kinder und sich ums Überleben in schweren Zeiten kämpfen mussten, weil Hunger und Durst auch mitten in unseren Ländern da waren. Und leider immer mal wieder, oft sehr versteckt, auch noch sind. Was würde Jesus tun? Würde er diesen Menschen einfach so sagen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hun-gern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Also: glaubt an mich und dann geht es euch gut? Wenn ihr Hunger habt und Durst, dann glaubt ihr nicht genug? Nein, das würde er, denke ich, nicht tun. Er würde, so denke, glaube und hoffe ich, genau das tun, was auch in der Bibel, im Johannesevangelium, erzählt wird.

Montag, 11. Juli 2011

Wie verloren bin ich eigentlich? - 3. nach Trinitatis, 10.07.11, Reihe III

Text: Lukas 15,1-7

Interview von Hit-Radio Israel mit dem verlorenen Schaf, Teil 1


Hallo Schaf, schön, dass du wieder da bist!

Schön? Was ist denn daran schön?

Na, freust du dich nicht, dass dich dein Hirte, der Schäfer, aus dem gefährlichen Gebirge gerettet und zurück zur Herde gebracht hat?

Freuen? Ich bin doch extra weggelaufen! Ich wollte doch gar nicht mehr zur Herde gehören! Eins von Hundert, da geht man doch unter! Nein, sollen die neunundneunzig doch blöd dastehen und fressen. Ich wollte das Leben sehen! Ich wollte ich sein. Machen was ich wollte. Frei sein! Und dann kommt dieser Hirte einfach hinter mir her!

Ja, das ist doch das Gute!

Gut? Was war denn mit den neunundneunzig? Auf die hätte er aufpassen sollen! Was wäre denn, wenn ein Wolfsrudel gekommen wäre? Mich hätte er doch gehen lassen können! Als ich ihn bemerkte, bin ich immer weiter. Ich habe gedacht, ich kann ihn in dem unwegsamen Gelände abschütteln. Aber er hat sich nicht abschütteln lassen. Am Ende hat er mich heimgeholt und sogar noch gefeiert! Dabei wollte ich doch bloß meine Freiheit!

Oh, das wird unsere Hörer aber überrasche! Danke, Schaf – und jetzt zurück ins Studio

Und dann…

Ich glaube, unsere Sendezeit ist um, die Hörer wissen jetzt Bescheid!



Liebe Gemeinde!

So ein undankbares Schaf! Da setzt sich der Hirte allen möglichen Gefahren aus, er kraxelt hinterher, droht, sel-ber abzustürzen, überlässt wegen diesem einen neugieri-gen Schaf die anderen den Gefahren der Wüste – und dann will dieses Schaf nicht einmal gerettet werden! Undank ist der Welten Lohn! Mal sehen, was dieses undankbare Schaf gesagt hat, nachdem die Sendezeit um war. In den Archiven von Hit-Radio Israel hat sich noch ein weiterer Teil des Interviews gefunden.

Sonntag, 3. Juli 2011

Rauswurf erster Klasse - 2. nach Trinitatis, 03.07.2011, Reihe III

Text: Matthäus 22,1-14
Liebe Gemeinde!


Wer sollte heute Morgen aus dem Gottesdienst rausgeworfen werden, weil er oder sie nicht richtig angezogen ist? Als Pfarrer habe ich es da gut, ich muss mir keine Gedanken über meine Kleidung machen. Talar – und das war’s. Aber sonst? Als ich Konfirmand war, vor gut dreißig Jahren, da war es bei uns auf dem Dorf noch üblich, sich sonntags anders anzuziehen als werktags. Und erst recht dann, wenn man in die Kirche ging. Heute ist der Unterschied, nicht nur bei Konfirmanden, sondern auch bei Erwachsenen, oft gar nicht so genau zu erkennen. Grundsätzlich finde ich das gut. Nicht auf die Kleidung kommt es an, sondern auf den Menschen, der drin steckt. Gut, dass dieses Denken mittlerweile fast überall und gerade in evangelischen Gottesdiensten da ist. Aber ein bisschen was ist durchaus im Laufe der Zeit verlorengegangen. Mit meiner Kleidung kann ich ja auch eine innere Haltung ausdrücken. Indem ich nicht gerade meine ältesten Sachen anziehe, sondern mich etwas schicker mache, von Aufbrezeln will ich ja gar nicht reden, kann ich auch zeigen, dass mir etwas wichtig ist. Keine Frage, ich will nicht zurück in eine Zeit, in der die dunkle Stoffhose für den Jungen und den Mann und das schlichte, hochgeschlossene Kleid für das Mädchen und die Frau so eine Art Gottesdienstuniform waren. Ich finde es gut, dass jeder willkommen und eingeladen ist. Aber ich finde es schade, wenn mit der Gleichgültigkeit in Fragen der Kleidung auch eine Gleichgültigkeit gegenüber dem, was da passiert und was gefeiert wird, einhergeht. Und vielleicht ist diese Gleichgültigkeit auch so ein Schlüssel, das sehr merkwürdige Gleichnis von der königlichen Hochzeit, das so nur im Matthäusevangelium erzählt wird, etwas besser zu verstehen.

Dass Gott durch Jesus Gute und Böse an seinen Tisch einlädt, das ist im ganzen Neuen Testament so überliefert. Aber dass einer, der gerade hereingekommen ist, gleich wieder rausgeworfen wird,

Montag, 27. Juni 2011

Es ist besser, für das was man ist gehasst, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden - oder? - 1. nach Trinitatis, Reihe III, 26.06.2011

Text: Johannes 5,39-47 (Neue Genfer Übersetzung)

Liebe Gemeinde!


Was ist eigentlich wichtiger? Die Wahrheit zu sehen und zu sagen oder vor anderen gut da zu stehen und dabei die Wahrheit ein bisschen, sagen wir mal, anzupassen? Ich gehe mal davon aus, dass alle, die jetzt zuhören, egal ob Konfi oder Rentner, Studentin oder mitten im Berufsleben, mit Abi oder mit Hauptschulabschluss spontan sagen: „Die Wahrheit ist wichtiger!“ Würde ich natürlich auch so sagen. Aber ist die spontane Antwort wirklich die ehrliche Antwort? Wenn ich zu mir selber ehrlich bin, dann muss ich schon zugeben, dass es mir zumindest nicht egal ist, was andere denken. Ich versuche, zum Beispiel, meine Predigten so zu halten, dass ich denke, auch Konfis oder Rentner können sie verstehen. Und da lasse ich sicher auch mal schwierige Gedanken aus. Und ich freue mich doch, wenn ich höre: „Ich komme gern zu ihnen in den Gottesdienst, weil ihre Predigten nicht so langweilig sind!“ Zum Beispiel. Ich glaube, den allermeisten Menschen ist es nicht egal, wie sie vor anderen dastehen. Und wem das egal ist, wer wirklich so lebt, dass er um jeden Preis seine Meinung sagt und das, was er für die Wahrheit hält zu 100% raushaut, der tut das oft sehr verletzend und lebt auch sonst eher wenig sozial. Wir Menschen sind auf Be-ziehungen angewiesen. Und deshalb ist praktisch niemand frei davon, auch nach dem Bild zu fragen, das andere von einem haben. Natürlich darf und soll das nicht so enden, dass mein Bild vor anderen künstlich aufgeblasen wird, große Klappe und nichts dahinter. Eines meiner nichtbiblischen Lieblingszitate lautet: „Es ist besser, für das, was man ist, gehasst, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden!“ Es stammt von dem französischen Dichter André Gide. Aber mal ehrlich: Wer von uns strebt danach, gehasst zu werden? Ansehen, Liebe, das ist, wenn wir ehrlich sind, alles andere als unwichtig. Warum ich das jetzt so ausführlich sage und was das mit dem Stück aus dem Jo-hannesevangelium, das ich eben vorgelesen habe, zu tun hat, werden vielleicht manche fragen und mir „Komm endlich zur Sache!“ zurufen wollen.

Samstag, 18. Juni 2011

Wenn Konfirmierte predigen... - Trinitatis, 19.06.11, Reihe III, English version available

Während ihrer Konfirmandenzeit fragte mich eine Konfirmandin, ob sie denn auch mal predigen könne. Ich fand das nicht nur mutig, sondern wollte das in die praxis umsetzen. Trinitatis 2011 war der erste Termin, an dem es klappte. Den Predigttext durfte sich ide Konfirmandin selbst aussuchen, ich habe ihr alle Texte, die Trinitatis "dran" sind, und noch ein paar mehr Vorschläge gegeben. In zwei Sitzungen haben wir gemeinsam die Predigt vorbereitet und uns für eine Dialogpredigt entschieden. Es gibt eine englische Fassung, weil eine Partnerdelegation aus Südafrika zu Gast ist. Wir wechseln abschnittweise, ich beginne, dann kommt Lisa-Marie Kellermann. Und hier das Ergebnis:

Predigttext: Jesaja 6 (Gute Nachricht)

Liebe Gemeinde!

Es ist sicher sehr ungewöhnlich, dass nicht einer alleine, normalerweise der Pfarrer, hier vorne steht und eine Pre-digt hält, sondern dass eine Konfirmierte aus dem letzten Jahr mit da steht. Ich freue mich, dass Lisa so schnell „Ja“ gesagt hat, als ich sie gefragt habe, ob sie nicht mal mit mir zusammen predigen will.

Und ich frage mich mittlerweile, ob das wirklich eine gute Idee von mir war. Ich bin nervös. Heute sind fast alle neuen Konfis da, manche mit ihren Eltern. Und dann auch noch die Gäste aus Südafrika. Und die normale Gemeinde. Und dann auch noch der Predigttext von Jesaja. Ich habe ihn ausgesucht, weil ich fand, dass er ein schöner Dialog war. Aber als wir beide uns zusammengesetzt haben, da fiel mir erst mal gar nicht so viel ein, was man heute dazu sagen kann. Aber einen Rückzieher wollte ich dann doch nicht machen.

Warum denn nicht?

Ich hab’s schließlich versprochen.

Das stimmt, du bist wirklich zuverlässig. Als du noch jünger warst, konnte man sich beim Krippenspiel und im Kinderclub auf dich verlassen und als du selbst Konfi warst, da war das nicht anders. Bis auf die allererste Stunde, die du verpasst hast!

Aber danach war ich doch immer da! Und außerdem glaube ich an Gott. Und mir ist das wichtig. Und deshalb möchte ich auch gern anderen etwas davon erzählen. Obwohl ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob ich das kann. Ich hab’s ja schließlich nicht studiert. Und ein perfekter Mensch mit einem perfekten Glauben bin ich ja auch nicht.

Und da sind wir schon mitten in diesem etwas komplizierten Bibeltext, der ausgerechnet für heute als Predigttext vorgeschrieben ist.

Sonntag, 12. Juni 2011

Tschüss, Pfüati, Adieu - Pfingsten 2011, 12.06.2011, Reihe III

Text: Johannes 16,5-15 (diesmal aus der BASISBIBEL gelesen)

Liebe Gemeinde!


Tschüss – oder eher geflötet: Tschühüss! Auf Wiederse-hen! Ciao! Bis bald! Wir sehen uns! Hau rein! Mach’s gut! Adieu! Servus! Pfüati! Bye! Bleib sauber!

Es gibt unglaublich viele Arten, sich zu verabschieden. Ich weiß nicht, welche sie bevorzugen, welche eure liebste ist. Sicher hängt es oft davon ab, von wem man sich verabschiedet. Von den Eltern verabschiedet man sich anders als von der Freundin, von der Nachbarin anders als vom Enkelkind. Wenn man denkt, dass man sich bald wiedersieht anders, als wenn das Wiedersehen ungewiss ist. Wenn ich zu einem Schwerstkranken oder einem Menschen, der im Sterben liegt, gerufen werde, finde ich ein „Auf Wiedersehen“ eher unpassend. Und mit „Hau rein! Wir sehen uns! oder: Bye!“ verabschiede ich mich auch nicht von meiner Frau. Gibt es so etwas wie die richtige, immer passende Form der Verabschiedung? Vielleicht hat sich das ursprünglich eigentlich ja rein auf Norddeutschland beschränkte „Tschüss“ dazu entwickelt. Manchen, vor allem älteren, ist das vielleicht zu locker, manchen jüngeren nicht cool genug. Aber benutzt wird es von fast allen. Ich finde das schön. Mir würde auch „Pfüati“ gefallen, aber für einen Nichtbayern ist das doch etwas schwer auszusprechen. „Pfüati“ meint nichts anderes als: „Gott führe dich auf deinem weiteren Weg“. Und „Tschüss“ ist nichts anderes als die norddeutsche Form des französischen und etwas aus der Mode gekommenen „Adieu“ – „Mit Gott“. Tschüss heißt nichts anderes als „Gehe deinen Weg mit Gott“ – kann’s einen schöneren Wunsch bei einer Verabschiedung geben? Tschüss – geh deinen Weg mit Gott, er geht ihn auch mit dir. Egal, ob wir uns bald wiedersehen oder lange Zeit getrennt sein werden. Egal, ob ich den Abschied voller Vorfreude auf das, was kommt, kaum erwarten kann, oder ob es ein Abschied für immer sein wird und nur noch die Hoffnung und der Glauben bleiben, dass der Tod nicht das Allerletzte ist, sondern dass Gott mehr für uns bereit hält. Tschüss, Adieu, Pfüati!

Genau das sagt Jesus eigentlich auch seinen Freunden, den Jüngern, den Menschen, mit denen er den Abend vor seiner Verhaftung und Kreuzigung verbringt. Ich habe es eben als Predigttext vorgelesen. Ich habe jetzt nicht die Jahreszeit verwechselt. Ich weiß, dass wir Pfingsten haben und nicht die Passionszeit, kurz vor Os-tern. Aber in diesem Jahr ist nun einmal dieser Abschnitt aus dem Johannesevangelium als Predigttext vorgesehen. Jesus sagt: „Tschüss!“ Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird dieses „Tschüss“ für mich tatsächlich zu einer fröhlichen oder wenigstens froh machenden Botschaft für Pfingsten. „Tschüss!“ – „Geht mit Gott!“ Nehmt Abschied, ihr müsst es tun. Haltet euch nicht am Vergehenden und Gewohnten fest. Geht ins Leben, aber seid gewiss: auf eurem Weg ist Gott mit euch. „Tschüss“ eben, nicht „Macht’s gut!“. Nicht ihr müsst irgendwas gut machen,

Sonntag, 29. Mai 2011

Bet' richtig! - Rogate, 29.05.2011, Reihe III

Text: Lukas 11,5-13
Liebe Gemeinde!


Kann man Beten eigentlich lernen? Gibt es so etwas wie die richtigen Worte oder die richtige Technik, die Erfolg versprechen? Manchmal frage ich mich, ob ich nicht genau das, nämlich dass es bestimmte Worte oder bestimmte Techniken gibt, Konfirmanden, Schülern und anderen vermittele. Da müssen Konfirmanden seit Jahrhunderten das „Vaterunser“ auswendig lernen, da gehören Ruhe, gefaltete Hände oder wenigstens eine konzentrierte Körperhaltung zum Gebet. Oder bestimmte schöne oder wenigstens kluge Worte, die sich begabte Beter ausgedacht und in Büchern und Heften veröffentlicht haben. Ja, so geht Beten. Gute Worte, konzentrierte Stimmung, am besten an jemandem orientiert, von dem ich denke: der oder die kann es. Beten als eine Art Handwerk, eine Kunst, an der man den richtigen Christen erkennt. Erlernbar und anzuwenden. Aber ein Gebet ist doch mehr als eine bloße, technische Angelegenheit, richtig anzuwenden, die ich jeden Morgen oder jeden Abend oder bei jedem Essen oder sonntags in der Kirche ableiste. Wenigstens dann, wenn ich ernst nehme, was Jesus den Menschen, die ihm zugehört haben, erzählt. Ein Gebet hat immer auch etwas damit zu tun,

Sonntag, 8. Mai 2011

Entspannt Leben - gechillter bleiben - Konfirmation 2011, 08.05.2011

Konfis 2011, Gruppe 2 (Foto: UKB)
Text: 1. Petrus 5,7


All eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch!

Liege rausholen, aufbauen, Talar ausziehen, entspannt hinlegen, nach Drink rufen, Moderation…



Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde!

Konfis 2011, Gruppe 1 (Foto: UKB)
So entspannt wäre ich heute gern! Einfach rumliegen, keine Sorgen mehr! Keine Sorge, dass die Predigt heute zu lang wird, wie Doreen oder Vanessa es befürchten, oder zu langweilig, wie vielleicht manche anderen befürchten. Keine Sorgen, ob wir in Konfer alles richtig gemacht haben. Keine Sorgen mehr, das vielleicht niemand mehr nach Konfer mit Kirche was zu tun haben will. Keine Sorgen, dass vielleicht mancher Lebensweg von euch Konfis nicht so toll läuft. Keine von den anderen Sorgen, die heute Morgen vielleicht da sind. Einfach entspannt chillen! Aber wie werde ich die Gedanken, die Sorgen, die sich immer in meinen Kopf schleichen, los?

Ganz früher, ich glaube sogar, noch bevor ich selbst geboren wurde, gab es mal ein Lied, das hieß: „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“. Aber das funktioniert nicht. Weder mit Wein noch mit Bier oder Wodka. Weder mit einem Gläschen noch mit ein oder zwei Fläschchen. Man denkt zwar vielleicht einen Moment, dass es hilft, aber je mehr man das versucht, desto mehr melden sich die Sorgen wieder und sie werden größer.

Entspannt chillen und entspannt leben, Sorgen loswer-den, das muss irgendwie anders gehen. Aber wie? Im Alltag funktioniert das oft ganz passabel mit anderen Menschen. Als kleines Kind sind es meistens die Eltern, die dann herhalten und denen man zumindest fast alles erzählt. Als Jugendliche oder Jugendlicher sind das öfter dann wahrscheinlich Gleichaltrige, manchmal vielleicht auch Geschwister oder hin und wieder vielleicht auch mal jemand anderes aus der Erwachsenenwelt, bei dem an sorgen loswird. Aber ganz so einfach wie früher ist das nicht. Ich glaube mal, dass man sich als Jugendlicher ganz genau überlegt, wem man was erzählt. Klar, die El-tern sollen und müssen vielleicht auch nicht immer alles wissen, selbst der Lehrer, zu dem man ganz viel Vertrau-en hat, bleibt am Ende doch jemand, der einem Noten gibt und bei Freunden ist das auch so eine Sache. Man vertraut nicht jedem alles an. Wer weiß, vielleicht wird doch was weitererzählt oder das Image stimmt nicht mehr, wenn Schwächen zugegeben werden. Ich war sehr positiv überrascht, wie offen und ehrlich manche von den Konfis mit den Mitarbeitern und manchmal auch mit mir über ihre Sorgen gesprochen haben. Ein unglaublich großer Vertrauensbeweis ist das. Aber trotzdem:

Sonntag, 24. April 2011

Halluja Amen! - Ostersonntag, 24.04.2011, Reihe III

Und hierzu ein Musiktipp: Michaela Meise, Preis dem  Todesüberwinder
Text: Matthäus 28,1-10

Liebe Gemeinde!
Jesus lebt. Amen.

Eigentlich kann ich gar nicht weiter predigen. Mehr kann ich gar nicht verkündigen. Etwas Größeres kann ich nicht sagen. Jeder Versuch, zu erklären, zu beschreiben, Ostern für den Verstand handhabbar zu machen, wird scheitern. Ostern ist die radikale Frage an unseren, an meinen Glauben. Weihnachten, die Geburt eines Kindes, in dessen Lebenslauf Gott zu erkennen ist, eine große Botschaft, aber alles im Rahmen dessen, was ein Verstand irgendwie erfassen kann. Karfreitag, der Tod eines unschuldigen Menschen mit dem Gott sich ganz und gar identifiziert, auch das stellt unseren Glauben nicht auf die ultimative Probe. Geburt und Tod markieren die Grenzen des Verstandes. Aber dass der Tod nicht das Ende ist, das kann ich nicht verstehen. Jeder Versuch, hier vernünftige Erklärungen zu finden, scheitert. Klar ist, dass es ein Ereignis in der Weltgeschichte gab: ein leeres Grab, in dem doch eigentlich ein Leichnam hätte liegen sollen. Was sich da abgespielt hat, davon schweigt sogar die Bibel. Matthäus erzählt hier, dass sich Maria aus Magdala und die andere Maria, zwei Frauen, die Jesus besonders nahe waren, auf den Weg gemacht haben, um nach dem Grab zu sehen. Als sie ankommen, erleben sie eine spektakuläre Show: Erdbeben, ein blendend  weißer Engel kommt vom Himmel, ein schwerer Stein wird weggewälzt. Aber wer jetzt erwartet, dass Jesus im Nebel und unter unerhörten Effekten aus dem Grab kommt. Aber nichts in dieser Richtung passiert. Das Wesentliche ist schon längst geschehen. Das Grab ist leer, der Übergang vom Tod zum Leben ist nicht zu beobachten, er ist wirklich unaussprechlich. „Kommt und seht!“

Von ferne - Karfreitag, 22.04.2011, Reihe III

Wieder mal eine Predigt, bei der die gehaltene Fassung sehr deutlich von der hier veröffentlichten schriftlichen Fassung abwich.

Text: Lukas 23,33-49

Liebe Gemeinde!


Der Tod ist für manche faszinierend. Es gibt Menschen, die können nicht nahe genug dabeistehen. Die wollen alles ganz genau sehen. Es ist noch keine zwei Wochen her, da wurde ich zu dem Unfall gerufen, bei dem in der Nähe von Amöneburg ein Motorradfahrer tödlich verunglückte und ein junger Mann im Auto verbrannte. Ein Feuerwehrmann und ein Polizist, mit denen ich gesprochen habe, erzählten mir von Menschen, die nicht nahe genug an die Unfallstelle herankommen konnten. Ein Gaffer bat sogar den Feuerwehrmann, etwas zur Seite zu treten, damit er einen besseren Blick auf den Unfallwagen habe. Gaffer. Ganz anders die junge Frau, die zum Zuschauen verurteilt war. Sie fuhr unmittelbar hinter dem Unfallwagen, wollte helfen, konnte aber nichts mehr tun, außer Polizei und Rettungskräfte zu alarmieren. Menschen starben und sie war zum Zuschauen verurteilt. Ich habe mich mit ihr unterhalten. Es war unaussprechlich schlimm für sie.
Der Tod ist schrecklich faszinierend. An Unfallstellen immer wieder zu erleben. Auch auf Autobahnen. Unfall auf der Gegenfahrbahn, Särge stehen bereit. Gaffer auch. Dann wird weitergefahren. Langsam erst einmal, so ein wenig Schock und Gruseln sind noch da. Aber spätestens übermorgen ist alles wieder wie früher.
Hinschauen oder weitergehen, gaffen oder mitleiden, sich gruseln, weil jeder Tod an die eigene Sterblichkeit erinnert oder sich groß fühlen, weil ja nicht ich, nicht mein Verwandter, nicht mein Freund gestorben ist. Weil ich etwas gesehen habe, das nicht jeder sieht. Es hat einen ganz merkwürdigen Beigeschmack, beim Sterben zuzuschauen.
Aber genau davon erzählt eigentlich Lukas in seinem Evangelium. Alle, die Jesus folgten, alle, die ihm zeit seines Lebens nahe gewesen sind, haben nur von weitem zugeschaut. Es standen aber alle seine Bekannten von ferne,

Mittwoch, 20. April 2011

Da hilft nur noch Beten - Vorstellungsgottesdienst des Konfirmandenjahrgangs 2011, Palmarum, 17.04.11

Liebe Leserinnen und Leser des Blogs!
Am vergangenen Sonntag war mal wieder "Konfi-Vorstellungsgottesdienst". Die Konfis des Jahrgangs 2011 zeichnete eine Suche nach dem Glauben aus. sie stellten viele Fragen und hatten viele sehr persönliche Erfahrungen. Manches davon ist in den Vorstellungsgottesdienst eingeflossen. Anders als manche vorhergehenden Jahrgänge hatten Sie keine ausgeprägte "Spiellust" und wenig Lust, biblische Geschichten zu verfremden oder aktuell umzusetzen, da sie für Jugendliche dieses Alters erstaunlich gut und gern mit den Originalen selbst arbeiteten. Die Texte finden sie dann im Folgenden:

Donnerstag, 7. April 2011

Ratlos. Fassungslos. Verstört - Judika, 10.04.2011, Reihe III

Text: 1. Mose 22,1-13
Liebe Gemeinde!


Nein, mit diesem Vater kann ich nicht mehr leben. Nein, mit einem Vater, der bereit ist, mich umzubringen, der nicht bereit ist, um mein Leben zu kämpfen, kann ich nicht zurückgehen. Mit einem Vater, der meiner Mutter ihr einziges, lang ersehntes und heißgeliebtes Kind wegnehmen will, weil er Stimmen hört. Mit einem Vater, der mich das Holz, auf dem er mich verbrennen will, tragen lässt. Nein, mit diesem Vater kann ich nicht mehr gehen.

Ob Isaak wohl so etwas durch den Kopf gegangen sein könnte? Die Bibel lässt es offen. Als Abraham die Knechte zurücklässt, vielleicht, weil er sich schämt, sie bei seiner Untat zusehen zu lassen, sagt er noch: „Wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch zurückkehren“. Aber als alles vorbei ist, heißt es nur noch, das habe ich eben nicht vorgelesen: „Und Abraham kehrte zu seinen Knechten zurück und sie machten sich auf.“ Und Isaak? Vielleicht hat Abraham seinen Sohn verloren. Und vielleicht hat er auch ein Stück weit Gott verloren. Als die Geschichte mit Abraham beginnt, sagt Gott zu ihm „Du sollst ein Segen sein!“ Nachdem Abraham nicht davor zurückgeschreckt hat, seinen eigenen Sohn opfern zu wollen, sagt Gott: „Deine Nachkommen sollen gesegnet sein“. Vielleicht hat das wenig Bedeutung. Es fällt aber auf, dass Ab-raham nicht mehr direkt angesprochen ist.

Verstörend. Traurig. Unglaublich. Mir fällt es schwer, diese Geschichte aus der Bibel einzuordnen oder sie einfach nur zu beschreiben.

Samstag, 19. März 2011

Kontrolle ist gut - Vertrauen ist besser, Reminiszere, 20.03.2011, Reihe III

Text: Matthäus 12,38-42

Liebe Gemeinde!


Wir wollen Beweise haben! Wir brauchen Zeichen, die eindeutig sind. Sichere Zeichen, die man nicht lange interpretieren muss. Zeichen, die so sind, wie wir sie eigentlich erwarten. Die Forderung, die vor langer Zeit an Jesus gestellt worden ist und die ich eben als Predigttext vorgelesen habe, die ist vielleicht gerade heute hochaktuell. Angesichts der Erdbeben-, Tsunami und Atomkatastrophe in Japan, der eigentlich hier bei uns schon vergessenen Erdbebenkatastrophe in Haiti vor gut einem Jahr, der Bürgerkriege und Aufstände in Libyen und anderen Ländern Nordafrikas und Arabiens habe ich mehr als einmal gehört: Wenn es Gott wirklich geben würde, dann müsste er uns doch jetzt ein Zeichen geben, dass es ihn wirklich gibt. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass bei so viel Leid und Zerstörung das Leben wirklich einen Sinn hat und es sich lohnt, zu leben. Ich weiß es nicht und ich will auch nicht zu viel in Natur- und technische Katastrophen hinein interpretieren. Aber vielleicht steckt ja in alle dem auch ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, zu akzeptieren, dass wir Menschen das Leben mit allen seinen Facetten, auch mit aller Technik, die hilfreich sein kann, nicht wirklich in den Griff bekommen und kontrollieren können. Ein Zeichen dafür, dass auch noch so viel Wohlstand und technisches Wissen das Restrisiko nicht zum Verschwinden bringen können. Ein Zeichen dafür, dass wir, trotz allem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, das Leben nicht wirklich kontrollieren und risikolos halten können.

Wir wollen Zeichen, die eindeutig sind. Aber am liebsten so eindeutig, dass sie uns das bestätigen, was wir sowieso denken und glauben. Wir wollen Zeichen, die eindeutig beweisen, dass sich Leben, dass sich Risiko, dass sich Vertrauen und Glauben lohnen. Wir haben vielleicht auch Zeichen. Aber wenn wir sie nicht mit un-seren Mitteln und Maßstäben kontrollieren können, vertrauen wir ihnen nicht. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Ja, Kontrolle ist in vielem gut und wichtig. Ob es um die technische Sicherheit von Autos und Atomkraft-werken, um die richtige Abrechnung von Beihilfen oder auch nur die Einhaltung von Verkehrsregeln geht: Kontrolle ist wichtig. Aber sie kann Vertrauen nicht ersetzen. Ohne den Mut, Vertrautes loszulassen, ohne den Mut, auch ungewöhnlichen Zeichen und Hinweisen zu vertrauen, ohne den Mut, zu glauben und auch ohne Beweise zu lieben, ist Leben im Sinne Jesu, ist menschliches Leben nicht nur arm, sondern zum Scheitern veru-teilt. Nicht, dass ich jetzt so verstanden werde, dass Mut zum Risiko heißen würde, alles zu machen, was ich tun kann, ohne Rücksicht auf das Ergebnis. Mut zum Risiko zu haben heißt auch, den Mut zu haben, im richtigen Moment und auf scheinbare Vorteile verzichten zu können. Mut zum Risiko heißt auch, dem scheinbar wissenschaftlichen Wahn, dass alles, was gemacht werden kann, auch gemacht werden muss, entgegentreten zu können.

Die menschliche Sehnsucht, alles kontrollieren und im Griff haben zu wollen, ist nichts, was erst in den letzten Jahren aufgetaucht wäre. Dieser Wunsch nach Kontrolle und der Einordnung des Lebens und Glaubens in Kategorien, die ich selber im Griff habe, steckt für mich auch hinter dem Wunsch nach Zeichen, die eindeutig beweisen, dass Jesus von Gott kommt, so wie es die Predigtgeschichte von heute erzählt.

Sonntag, 13. März 2011

Es gibt kein zurück - Invokavit, 13.03.2011, Reihe III

Text: Genesis / 1. Mose 3,1-19
Liebe Gemeinde!


Es gibt kein zurück! Nein, ins Paradies, in eine Welt, in der die Menschen, die Tiere, die Schöpfung und Gott in völliger Harmonie miteinander leben, in der es kein Böses gibt, in eine solche Welt kommen wir nicht mehr. Und das alles bloß, weil die Frau mal wieder zu neugierig gewesen ist. Typisch Frau! Und das alles bloß, weil der Mann ohne nachzudenken einfach so das nimmt, was seine Frau ihm hinhält. Bisschen dumm vielleicht. Typisch Mann! Und das alles bloß, weil die Schlange Lust auf verbotene Früchte gemacht hat. Und das alles bloß, weil… - ist doch ungerecht! Ich kann doch nichts dafür! Sollen die doch büßen, die Schuld dran haben! Ich nicht, die anderen! Und schon sind wir mittendrin. Nicht in einer Geschichte, die tausende von Jahren alt ist und die auf bildliche Art erzählt, wie die Menschen das Paradies verloren haben. Wir sind mitten-drin in unserer Geschichte. In unserem Leben, das wahrlich kein Paradies ist. Wir sind mittendrin in unserer Welt, in der es an der Tagesordnung ist, Schuld erstmal von sich selbst weg zu weisen und bei anderen nach Schuld zu suchen. Nicht Guttenberg mit seiner fehlerhaften Doktorarbeit und seinem sehr wählerischen und nicht gerade offenen Umgang mit der Wahrheit war Schuld an seinem Rücktritt, sondern neidische politische Gegner und neidische Parteifreunde und die Medien. Nicht ich, die anderen - dieses Prinzip wird immer wieder rausgekramt. Seit Adam und Eva. Und es bringt uns immer wieder ein Stück weiter weg von Gott, ein Stück weiter weg vom Paradies. Es bringt nichts, sich in ein Paradies, in eine Welt perfekter Harmonie zurück zu träumen. Diese Welt haben wir verloren. Und aus eigener Kraft, wenn wir uns nur anstrengen würden und alle Menschen davon überzeugen könnten, Gutes zu tun, können wir sie nicht zurückgewinnen. Wir können sie nicht zurückgewinnen, weil wir von Anbeginn der Schöpfung an von Gott mit einer Komplettausstattung versehen wurden. Die biblischen Erzählungen von der Erschaffung des Menschen, gerade auch die Erzählung, die wir eben als Predigttext gehört haben, machen deutlich: Gott wollte kein willenloses Etwas, das sich einfach nur fortpflanzt und seinen Lebenssinn in der Zellteilung erfüllt sieht. Gott will ein Gegenüber, keine Marionette. Zum richtigen Gegenüber gehören auch die Möglichkeiten, zu zweifeln, zu denken, falsche Entscheidungen zu treffen. Die Freiheit des Scheiterns ist von Anfang an da.

Sonntag, 6. März 2011

Mit Jesus chillen - Estomihi, 06.03.2011, Reihe III

Text: Lukas 10,38-42
Liebe Gemeinde!


Chillen, faulenzen, abhängen – ist das was Gutes? Kommt wahrscheinlich drauf an, wen man fragt. Wenn ich die Martha aus der Bibel fragen könnte, und mit ihr alle, die sich abrackern, damit es anderen gut geht, dann ist die Antwort klar: NEIN! Das ist nichts Gutes. Es ist doch gut und wichtig, anderen etwas Gutes zu tun. Für Gäste alles schön zu machen. Martha macht es ja nicht für sich. Sie hat Jesus – und mit ihm wahrscheinlich ja auch die Jünger oder andere, die mit ihm unterwegs waren - eingeladen. Und es macht viel Arbeit, etwas für andere vorzubereiten. Und die eigene Schwester setzt sich hin und chillt, hängt ab, faulenzt. Geht gar nicht. Es gibt viele, die, wie Martha, alles tun, damit es anderen gut geht. Frauen und Männer, ohne die kranke Angehörige nicht gepflegt würden. Die für ihre Kinder sich abrackern. Die in Kirchengemeinden oder Vereinen alles tun, damit es läuft und andere ihren Spaß haben. Die nicht nach Überstunden und Bezahlung fragen, sondern die für andere da sind und für andere arbeiten. Chillen, faulenzen, abhängen? Wenn alle anpacken wür-den, wäre vieles leichter und würde schneller gehen. Wenn Maria mit anpacken würde, hätte Martha auch früher Zeit, mit den Gästen da zu sitzen. Klar, dass für alle, die anpacken, die machen und tun, das nichts Gutes ist.
Und dann höre ich Schüler oder Konfis, die sagen: „Herr Kling-Böhm, chillen sie doch mal!“ Die sagen das, wenn ich sie zum Arbeiten bringen will, wenn ich will, das aufgeräumt wird oder dass es endlich losgehen kann. „Chillen sie doch mal!“ Wenn die Schüler oder die Kon-fis ein bisschen bibelfester wären und die Geschichte, die ich eben vorgelesen habe, kennen würden, dann könnten sie ja auch versuchen, mich sozusagen mit meinen eigenen Waffen, mit der Bibel, zu schlagen: „Jesus hat doch auch über Maria, die mit

Samstag, 19. Februar 2011

Erich-ERich-erICH-ERICH - Unnützer Knecht? Septuagesimae, 20.02.2011, Reihe III

Text: Lukas 17,7-10
Liebe Gemeinde!
So, jetzt sprechen wir das alle noch einmal gemeinsam: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.
Absurd, oder? Reicht es nicht, im Alltag immer wieder zu erleben, dass ich als Mensch nicht so viel wert bin? Als altgewordener Mensch – „Was willst du eigentlich? Du kostest doch nur Geld, sei froh, dass du eine Rente hast! Operationen werden langsam zu teuer, Pflege ist zu teuer, besser, du trittst bald ab.“ So deutlich wird es selten gesagt. Aber in einer Gesellschaft, in der es vor allem um wirtschaftliche Verwertbarkeit von Menschen und ihren Fähigkeiten geht, kommen solche Gedanken auf. Sie sind schon längst da. Auch bei Schülern: „Du bist was wert, wenn du einen guten Realschulabschluss oder mehr schaffst, mit den anderen kann man ja doch nichts anfangen.“ Das wird sogar noch offener gesagt als das mit den alten Menschen. Und Studenten: „Selber schuld, wenn ihr kein Prädikatsexamen macht und nichts studiert, was die Wirtschaft braucht! Für solche Studiengänge sollte man eigentlich die Mittel weiter kürzen.“ Und selbst wenn man arbeitet, Steuern zahlt, gesund ist: Dafür Dank zu erwarten, das wäre doch zuviel! Ist doch selbstverständlich! Also: In der Kirche wie im Alltag: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren. Will Jesus die Menschen, am Ende eben auch uns, klein machen, damit wir ja nicht zu viel Selbstwertgefühl entwickeln? Ist es wirklich so, dass Erich eigentlich der wahre christliche Vorname ist: großes ER, kleines ich?
Genau so ist das, was Jesus hier erzählt, immer wieder verstanden und gepredigt worden: Als Christ hast du die Pflicht zu dienen, und selbst das schaffst du als unnützer Knecht ja noch nicht mal richtig! Also erwarte bloß kei-nen Dank dafür, sondern tue deine Pflicht und halt den Mund!
Ich glaube, dass diese Art, das, was Jesus hier sagt, auszulegen, nicht richtig ist.

Sonntag, 6. Februar 2011

Und was bleibt im Alltag? Tauferinnerungsgottesdienst mit Konfirmanden, 06.02.11

Rollenspielszenen zu Römer12,9-18 (wurde in der Basisbibelübersetzung gelesen)


1. Negativ Musik: Kollegah - Fanpost

a) Vers 12: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet

Spieler A: Hi, wie geht’s?

Spieler B: Frag bloß nicht! Und selbst?

Spieler A: Alles Mist! Dieses Jahr bleib ich bestimmt sitzen. Und überhaupt: Wofür lohnt sich’s noch zu leben? Ist doch nur Chaos! In der Stadt laufen immer mehr Dro-gensüchtige rum. Und ständig gibt’s irgendwo ne Prügelei. Und die Welt brauchst du dir doch erst gar nicht anzugucken! Echt übel. Krieg und Hunger und Terror. Da hilft auch beten nichts mehr!

Spieler B: Das ist doch sowieso Quatsch! Vor zwei Wochen ist ein Kumpel von mir gestorben. Leukämie. Ich hab so gebetet, dass der wieder gesund wird. Nützt doch nichts. Und dann hat auch noch mein Freund mit mir Schluß gemacht. Und lauter Lügen über mich erzählt. Jetzt redet keiner mehr mit mir. Ich bin das Leben so satt.

Spieler A: Das kannst du laut sagen!

b) Vers 18: Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden

(Spieler A und Spieler B kommen auf Spieler C und Spieler D zu)

Spieler A: Guck mal, wer da steht! Die können was erleben!

Spieler C: Na ihr Schlampen, dass ihr euch noch hierher traut!

Spieler B: Halt die Klappe, sonst tret ich dir..

Spieler D: Passt bloss auf, Streber! Ihr habt uns verpfiffen. We-gen euch kriegen wir ne 6 in der Mathearbeit!

Spieler A: Brauchst ja nicht abschreiben! In Deutsch hast du’s bei den Hausaufgaben nicht zugegeben und mir ne 6 reingewürgt! Wie du mir, so ich dir!

Spieler C: Ja und, du kannst dir’s leisten. Ich schaff jetzt den Abschluss nicht und die Lehrstelle ist weg!

Spieler B: Nicht unser Problem!

Spieler C: Ein Wort noch und...

Spieler A: Ihr könnt ja doch nur drohen, Schlappschwänze:

Spieler D: Wart’s ab...

(Alle bauen sich so voreinander auf als würden sie gleich los-schlagen)



2. Positiv Musik: Silberfee - Freundschaft

a) Vers 12: Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet

SpielerA: Hi, wie geht’s?

Spieler B: Frag bloß nicht! Und selbst?

SpielerA: Alles Mist! Dieses Jahr bleib ich bestimmt sitzen. Und überhaupt: Wofür lohnt sich’s noch zu leben? Ist doch nur Chaos! Und die Welt brauchst du dir doch erst gar nicht anzugucken! Krieg und Hunger und Terror. Da hilft auch beten nichts mehr!

Spieler B: Denk ich auch manchmal! Vor zwei Wochen ist ein Kumpel von mir gestorben. Leukämie. Ich hab so gebe-tet, dass der wieder gesund wird. Aber dann denk ich wieder: Hey, ich leb noch! Und beim Beten, da kann ich wenigstens mal meine Gedanken ordnen. Und was los-werden, ohne dass mich einer ständig unterbricht oder sein eigenes Zeug quatscht. Dann merk ich irgendwie: da hört doch einer zu!

Und dann krieg ich wieder Lust, was zu tun! Jammern zieht einen doch nur runter! Wenn wir nicht anfangen, dann ändert sich nie was!

SpielerA. Dein Optimismus ist klasse! Hätte ich auch gern. Aber irgendwo hast du Recht. Wir sind nicht allein und wir leben. Und wir können was machen, damit’s besser wird.

Spieler B: Das kannst du laut sagen!


b) Vers 18: Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden

(SpielerA und Spieler B kommen auf Spieler C und Spieler D zu)

SpielerA: Guck mal, wer da steht! Die können was erleben!

Spieler C: Na ihr Schlampen, dass ihr euch noch hierher traut!

Spieler B: Halt die Klappe, sonst tret ich dir..

Spieler D: Komm, lass sein!

SpielerA: Ja, ist gut. War blöd, dass wir euch beim Abschreiben verpfiffen haben!

Spieler C: Das wir euch in Deutsch hängengelassen haben, war ja auch nicht so toll.

Spieler B: Dann sind wir ja quitt.

SpielerA. Ich glaub, wir gehen uns für ne Weile besser aus dem Weg!

Spieler D: Wenigstens können wir wieder normal reden!

Spieler B: Ist ja schon mal ein Anfang!


Wie gesagt, liebe Gemeinde, über Musik kann man unter-schiedlicher Meinung sein. Auch darüber, ob die Musik, die sich zwei Konfirmandinnen für diese Szenen ausgesucht haben, in den Gottesdienst gehört. Es wird niemanden wundern, dass ich denke, dass es geht, sonst hätte ich es ja nicht gespielt. Gerade in einem Gottesdienst, in dem es um die Taufe geht. Das ganze Leben gehört in den Gottesdienst – denn die Taufe betrifft ja den ganzen Menschen. Sie ist nicht nur was für die schönen Tage. Durch die Taufe will Gott sichtbar machen: Du gehörst ganz zu mir, mit deinem ganzen Leben. Und dazu gehört auch die Erfahrung, dass das Leben nicht immer nur gut und schön und heil ist. Und auch die Erfahrung, dass ich als Mensch, auch als getaufter Mensch, daran nicht immer unschuldig bin gehört dazu. „Kann man halt nichts machen, so ist das Leben, so bin ich!“ – Ja, so könnte eine Antwort sein. Aber wenn ich so lebe, dann ist die Taufe wirklich sinnlos.

Sonntag, 30. Januar 2011

Stürmische Zeiten - Übers Wasser laufen 4. n. Episphanias, 30.01.11, Reihe III

Text: Matthäus 14,22-33
Liebe Gemeinde!


Stürmische Zeiten. Zeiten, in denen die Angst da ist, dass alles, was wichtig ist, untergeht. Wie gut, wenn man in solchen Zeiten nicht allein ist. Wenn man sich gegenseitig unterstützt und hilft.

Stürmische Zeiten – Ich als Mensch, der in Deutschland aufgewachsen ist, die meisten jüngeren Menschen über-haupt, können sich nicht vorstellen, wie es in der Sowjetunion in den 40er, 50er, 60er und auch noch 70er Jahren war. Der Glauben an Gott war nicht nur nicht gern gesehen. Christen, noch dazu, wenn sie deutsch sprachen, wurde das Leben absichtlich schwer gemacht. In den Häusern konnte man sich treffen, miteinander beten, aus der Bibel und aus Predigtbüchern vorlesen. Gemeinden waren vom Untergang bedroht, Menschen wurden angegriffen. Aber es gab immer wieder welche, die sozusagen Wache hielten und aufpassten, dass die stürmischen Zeiten nicht allzu große Schäden anrichteten.

Stürmische Zeiten – wir können auch in Deutschland in der Gegenwart bleiben. Bei den jüdischen Gemeinden im unseren Land. Ihre Gottesdienste, ihre Schulen, Altersheime, Kindergärten, ihre Versammlungen müssen bewacht und beschützt werden, weil immer noch zu viele glauben, dass Menschen jüdischer Religion kein Recht zu leben haben. Eine Schande, dass das auch 66 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz noch so ist. Nicht nur, aber auch in Deutschland. Gut, dass es Menschen gibt, die aufpassen, dass die Gemeinden und Gottesdienste nicht untergehen.

Stürmische Zeiten. Wir können auch bei den Christen bleiben. Im Irak, in Ägypten, Nordkorea. Wo christliche Gemeinden nicht in Ruhe beten und feiern können, wo die Angst groß ist vor Verfolgung und Mord. Gut, dass es Menschen gibt, die Wache halten, die trotzdem Gottes Wort weitersagen, die trösten, beten, helfen.

Stürmische Zeiten. Wir können auch bei uns auf dem Richtsberg bleiben. Können wir uns dem Sog von Gleichgültigkeit, Gier, Egoismus, materieller und seeli-scher Not entziehen? Während anderswo die Kirchen wenigstens am Heiligabend brechend voll waren, haben bei uns in vier Gottesdiensten am oberen Richtsberg 220 Menschen Gottesdienst gefeiert. 220 von fast 2000 Ge-tauften. Werden wir in der Gleichgültigkeit untergehen? Gut, dass es Menschen gibt, die Wache halten, die mit offenen Augen Gottes Wort leben. Im Alltag, auch au-ßerhalb der Gottesdienste.

Stürmische Zeiten – und was hat das mit mir zu tun? Ich kann mir gut vorstellen, dass manche von euch Konfir-manden oder auch andere im Gottesdienst so fragen. „Was gehen mich die alten Geschichten aus Russland, die Juden, die Christen weit weg oder die Gemeinde-wirklichkeit hier auf dem Richtsberg an? Ich lebe mein eigenes Leben!“ Vielleicht denkt mancher so. Ich glaube aber, dass auch zum Leben mit 13, 14 oder auch zum Leben, dass von den Erfahrungen, von denen ich eben erzählt habe, wenig berührt ist, die Erfahrung gehört, in stürmischen Zeiten zu leben. Die Angst, unterzugehen und die Erfahrung, dass es gut ist, in solchen Zeiten, wenn man Angst hat, nicht allein zu sein, sondern sich beim Aufpassen, dass nichts passiert, abwechseln zu können. Angst, dass alles, was wichtig ist, kaputt geht – die Erfahrung machen leider viel zu viele junge Men-schen. Sorgen wegen kranker Menschen in der Familie, wegen des Geldes, das fehlt, wegen der Schule, wegen Freunden, die sich als falsche Freunde rausstellen, wegen Schwierigkeiten mit Lehrern, mit der Polizei, mit den Eltern, mit Geschwistern. Gut, wenn in den stürmischen Zeiten jemand da ist, der mit Wache hält und hilft, aufzupassen, damit das Allerschlimmste nicht passiert.

Stürmische Zeiten. Zeiten, in denen die Angst da ist, dass alles, was wichtig ist, untergeht. Wie gut, wenn man nicht allein ist in solchen Zeiten. Wenn man sich gegenseitig unterstützt und hilft.

Warum ich so ausführlich davon erzähle? Weil es auch um diese Erfahrungen in der Geschichte geht, die Matthäus von Jesus und seinen Jüngern erzählt:

Mt 14,22-33

Klar, auf den ersten Blick kann es vielleicht für manche interessanter sein, das Wunderbare an dieser Geschichte näher zu betrachten. Jesus läuft übers Wasser. Seit Jahr-hunderten versuchen Menschen, das irgendwie logisch zu erklären oder zu sagen, dass man das genau so glauben müsse, damit man wirklich Christ ist. Aber Jesus macht das doch nicht, um zu zeigen, dass er ein cooler Superheld ist, für den die Naturgesetze nicht gelten oder um den Glauben im Jahr 2011 auf eine Probe zu stellen. Die Bibel erzählt diese Geschichte, weil es um Erfahrungen mit Gott und mit Jesus geht, die auch heute noch gemacht werden können. Wir sind nicht nachts im Sturm auf dem See Genezareth. Aber Menschen, auch Menschen, die an Gott glauben, die Jesus vertrauen, machen bis heute die Erfahrung, dass sie stürmische Zeiten erleben und da erst mal ohne direkten Draht zu Gott sind. Jesus schickt die Jünger allein auf den See. Wir als Gemeinde, jeder einzelne als Christ erfährt Gott nicht nur als den, der ganz of-fensichtlich da ist, sondern manchmal auch als den, der nicht so leicht zu erkennen ist. Ich denke, dass es einmal um Erfahrungen wie die geht, dass ich angesichts von den Stürmen um mich herum, angesichts der Ratlo-sigkeit, Leid, Krankheit, Begegnungen mit dem Ende des Lebens mich manchmal wirklich frage: „Gott, wo bist du denn da?“ Es geht aber auch darum, Gott nicht von vornherein als Joker zu missbrauchen. Gott traut uns eine ganze Menge zu, was wir auch selbst machen kön-nen. Die Jünger in der Geschichte: sie vergehen erstmal nicht vor lauter Angst im Sturm. Sie tun das Nötige und Richtige. Auch wenn Jesus nicht gleich da ist. Sie halten Nachtwache, sie passen in stürmischen Zeiten aufeinan-der auf. Deshalb auch die Geschichten vom Anfang. Gott mutet uns zu, in stürmischen Zeiten eigene Mög-lichkeiten und Kräfte zu entdecken.

Das zweite in der Geschichte: Jesus taucht auf. Unvor-hersehbar, wunderbar, nicht wirklich zu erklären. Unverfügbar. Wenn mich jemand fragt, eine Konfirmandin, jemand in einem Beerdigungsgespräch, in der Schule: „Sag mir doch mal, wo ich Jesus begegnen kann!“ Dann kann ich, wenn ich ehrlich bin, nur sagen: „Ich weiß es nicht!“ Jesus begegnet oft da, wo ich ihn am wenigsten vermute. Oft ganz wunderbar. Aber auch so, dass ich ihn auf den ersten Blick vielleicht gar nicht erkenne. Die Jünger halten ihn erstmal für ein Gespenst. Sie erkennen ihn daran, dass er ihnen die Furcht, die Angst nimmt. Die Bibel erzählt hier nicht, dass sich der Sturm legt. Die Zeiten bleiben stürmisch. Aber die Angst ist weg. Für mich persönlich ist das das wichtigste Kennzeichen einer Begegnung mit Jesus. Dass er mir die Angst nimmt. Die Angst vor dem, was mein Leben durcheinanderbringt, die Angst davor, in den Stürmen des Lebens unterzugehen. Mir ganz persönlich, mir als Mensch, aber auch uns als Gemeinde. Jesus ist nicht der Zauberer, der die Zeiten einfach macht und das Schwere wegzaubert. Er ist der, der die Angst kleiner werden lässt und hilft, in Stürmen zu bestehen.

Petrus will mehr, so überliefert es uns Matthäus. Er will zu Jesus übers Wasser gehen. Er überwindet die Furcht, macht erste Schritte. Es klappt. So lange er sich an Jesus orientiert. Und dann nimmt er die Umgebung wahr, den Sturm, bekommt Angst und fängt an, zu versinken. Für mich ein gutes Bild. Auch für meinen Glauben, für den Glauben von Menschen heute. Es gibt Momente, da ist wirklich alles möglich. Da ist klar, wo Jesus steht, woran ich mich orientieren kann. Und dann kommt das Leben um mich herum mit aller Macht, mit allen Problemen und Stürmen. Es droht mich, hier im wörtlichen Sinn, wirklich runterzuziehen. Die Orientierung geht oft verloren, die Fragen werden größer als die Antworten. Jesus lässt Petrus nicht untergehen. Er zieht ihn raus. „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ So wird Petrus von Jesus gefragt. Die Frage könnte Jesus oft genug auch mir stellen. Eine Antwort von Petrus ist nicht überliefert. Ich glaube, dass die Antwort auch nicht nötig ist. Ich glaube, dass hier deut-lich werden soll: Gerade da, wo Glauben verlorenzuge-hen droht, wo nur noch ein kleiner Rest Glauben da ist, reicht Jesus die Hand. Nicht die starken Glaubenshelden, die jeder Anfechtung, jedem Zweifel, jeder Gefahr und jedem Sturm trotzen sind es, die seine Hand und seine Hilfe brauchen und bekommen. Es sind die, die, wie Petrus, erste Schritte wagen und dann an ihrem Glauben und Mut im Alltag zu verzweifeln drohen. Die Kleingläubigen. Ich.

Ja, für mich ist diese Geschichte keine, die von einem Supermann Jesus erzählt, für den Naturgesetze nicht gel-ten. Mir erzählt die Geschichte von Jesus, der nicht im-mer gleich da ist, sondern der uns was zutraut. Von Je-sus, der ganz unvorhersehbar da sein kann, unberechen-bar, manchmal schwer zu erkennen. Von Jesus, der Mut macht, auch ungewöhnliche Schritte in schweren Zeiten zu gehen.

Stürmische Zeiten. Zeiten, in denen die Angst da ist, dass alles, was wichtig ist, untergeht. Wie gut, wenn man nicht allein ist in solchen Zeiten. Wenn man sich gegenseitig unterstützt und hilft. Wie gut, wenn er dann kommt. Unvorhersehbar. Unverfügbar. Und uns heraus-zieht aus der Angst, unterzugehen. Amen.

Sonntag, 16. Januar 2011

Zeig dich doch! - 2. Sonntag nach Epiphanias, 16.01.11, Reihe III

Predigttext: 2. Mose (Exodus) 33,17-23
Liebe Gemeinde!

Das Schlimme war nicht der Streit, sondern die Stille danach. Wird er je wieder mit mir reden? Ich weiß, dass ich es verdient hätte, dass er mich ganz verlässt. So, wie ich sein Vertrauen ausgenutzt und missbraucht habe. Ich weiß, dass es falsch war. Und noch schlimmer: ich weiß genau, dass ich nicht garantieren kann, dass so was nie wieder passiert. Er hätte jeden Grund, wegzugehen. Weiter zu schweigen. Er hat zwar versprochen, mich für immer zu lieben. Aber ich kann verstehen, wenn das jetzt endgültig aus ist. Aber ich will das nicht. Ich halte das Schweigen nicht mehr aus. Ich brauche doch die Nähe, die Zuwendung, die Liebe. Ich spreche ihn einfach an. „Bist du noch da? Zeig dich doch. Bitte. Lass mich sehen, wie groß, wie schön du bist mit deiner Liebe!“ Auch wenn ich weiß, dass ich es nicht verdient habe.

Streit ist selten schön. Vor allem, wenn ich weiß: ich bin eigentlich schuldig. Und ganz schlimm ist es, wenn Vertrauen missbraucht oder enttäuscht wurde. Worte helfen da nicht immer. „Ich will sehen, ich will spüren, dass du noch da bist, dass unsere Beziehung noch eine Chance hat!“ Nicht nur zwischen Eheleuten, Freunden, oft genug zwischen Eltern und Kindern geht das so. Auch bei Mose war es so ähnlich. Lange vor unserer Zeit. Er möchte Gott unbedingt sehen. Nicht deshalb, weil er einfach mal so denkt, dass es ganz nett wäre oder weil er angeben möchte. Sondern weil er wissen will, ob eine kaputtgegangene Beziehung noch eine Chance hat. Gott, so erzählt es die Bibel, hat dafür gesorgt, dass die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten befreit wurden. Gott hat sich ihnen als Gott auf dem Weg gezeigt, als einer der mitgeht, aber nicht festgehalten werden kann. Und kaum sind sie unterwegs, ist dem Volk das zu wenig. Sie wollen einen Gott zum Anfassen und lassen sich ein goldenes Kalb machen, dass sie als ihren Gott anbeten. Ist jetzt alles aus?
Das war passiert, bevor Mose den Wunsch hatte, Gott wirklich zu sehen. Die Bibel, das 2. Buch Mose, erzählt so von diesem Wunsch und dem, was dann passiert:

Exodus 33,1-23

Gott ist hier nicht der große Zerschmetterer, der rach-süchtige, kleinliche Verfolger aller Übertretungen, son-dern der, der zu seiner Liebe, zu seinen Versprechungen steht. Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wes-sen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. Ich weiß nicht, wie sie diesen Satz, der hier als eine Aussage von Gott überliefert wird, hören. Ich höre ihn aber erst einmal so, wie ich ihn sagen würde, wenn ich die Macht dazu hätte und in der Position wäre: Ich mach, was ich will. Zu dem einen bin ich gütig und gnädig, zum ande-ren halt nicht. Meine Sache. Aber ich glaube, dass hier nicht unser menschlicher Überlegenheits- und Selbst-darstellungswahn mitspielt, sondern dass der Kern etwas ganz anderes ist. Wenn ich gnädig bin, dann bin ich wirklich gnädig. Dann kannst du dich darauf verlassen, dass ich zu dir halte, auch wenn du mein Vertrauen enttäuscht hast. Du lässt mich vielleicht im Stich – ich dich aber nicht. Wenn ich mich zu etwas bekenne, dann gilt das ganz und gar. Hier, im 2. Buch Mose, gilt diese Zusage nicht nur Mose allein, sondern dem ganzen Volk Israel, den Juden. Eine Geschichte, in der die Bibel Enttäuschungen, Schuld, Versagen nicht verschweigt. Eine Geschichte, die aber zuallererst von Gottes Treue und Gnade trotz aller Schuld geprägt ist. Auf Gott ist Verlass – auch dann, wenn auf die Menschen kein Verlass ist. Durch Jesus hat Gott uns in dieses Treueversprechen mit hineingenommen. Nicht, weil wir anders, besser, zuverlässiger als die Menschen des ersten Bundes wären. Sondern weil sichtbar werden sollte, dass diese Liebe, dieses Versprechen nicht nur einem auserwähltes Volk, sondern der Menschheit gilt. Dem Menschen, den, so erzählt es die Geschichte von der Erschaffung der Welt, Gott als angemessenes Gegenüber geschaffen hat.

Lass mich dich sehen. Lass mich spüren, dass wir eine Zukunft haben, dass Vertrauen wieder neu möglich ist – der Wunsch, den wir aus unseren zwischenmenschlichen Beziehungen ganz gut kennen, der Wunsch, den Mose an Gott richtet – vielleicht ist das auch immer wieder einmal unser Wunsch an Gott. Ich würde gern glauben, ich würde gern hoffen, ich würde gern lieben – aber es fällt oft so schwer. Ich kann dich nicht sehen, wenn ich erlebe, wie ein Mensch qualvoll an Krebs stirbt. Ich kann dich nicht spüren, wenn immer noch Menschen hungern. Wo bist du, wenn nur noch die Gier regiert und schamlos Geld geklaut, Tiere und Menschen vergiftet werden? Ich würde dich gern sehen, wenn ich erlebe, wie die Spielsucht einer Frau ihre Familie in den Wahnsinn treibt. Gott, zeige dich doch, zeige doch, wie gütig du bist. Unsere Lebensumstände sind anders als bei Mose. Aber auch heute erleben wir Gott als einen, der nicht immer offensichtlich da ist, sondern der sich auch verbirgt. Gott sehen, damit ich glauben kann – an Güte, an Liebe, an Wahrheit. Vielleicht geht es uns manchmal dann doch so wie Mose. Und ich glaube, bei allem sagenhaften, was diese Geschichte aus der Bibel enthält, dass einige Punkte bis heute sehr wichtig sind. Nicht nur der, dass Gottes Erbarmen und Treue größer ist als menschliche Schuld und menschlicher Vertrauensbruch.

Gottes Güte – das Wort, das hier in der ursprünglichen Sprache der Bibel steht, heißt auch Schönheit, Glanz, Reichtum – geht vorüber. Ich finde, dass das gerade in der deutschen Sprache ein passendes Wortspiel ist. Nicht, weil die Güte, die Schönheit, der Reichtum Gottes irgendwann mal zeitlich gesehen ganz aus wären, son-dern weil das alles nicht festgehalten werden kann. Gott ist Gott auf dem Weg mit uns. Es gibt Momente, da kann ich das gut wahrnehmen. Da spüre ich, da erkenne ich, wie groß und gut Gott mit seiner Liebe ist. Aber festhalten kann ich das nicht. Es wird immer wieder auch die Momente geben, wo ich das nicht sehen und spüren kann. Gott, so wird es erzählt, stellt Mose auf einen festen, sicheren Grund und schützt ihn mit seiner Hand. Aber auch das führt eben nicht dazu, dass es da etwas festzuhalten gäbe. Für mich heißt das bis heute, dass ich Gott immer wieder bitten darf, dass er sich mir zeigt, dass er sich mir verständlich macht und dass ich da, wo ich Angst davor habe, dass alles Gute und Schöne und alle Liebe weg ist, vielleicht auch aus meiner eigenen Schuld, ihn bitten darf, sich wieder zu zeigen. Aber das wird immer nur ein vorübergehender Augenblick sein, kein Besitz. Ich kann Gott und die Begegnung mit ihm nicht einpacken. Nicht in ein Kreuz, das ich mit mir trage, nicht in Taufwasser, noch nicht einmal ins Abendmahl. Die Begegnung mit Gott geschieht im Vorübergehen. Dieser besondere Augenblick kann und soll dann wieder Kraftquelle für die Schritte im Alltag sein, meine Schritte. Das Erken-nen von Gottes Güte und Schönheit ist nichts Alltägliches, es ist etwas Besonderes, das immer wieder geschehen kann, das ausstrahlt in den Alltag. Das ist ein wichtiger Punkt für mich.

Ein anderer ist der, dass wir Menschen Gott nicht von Angesicht zu Angesicht, praktisch von Gleich zu Gleich erkennen können, sondern ihm nur hinterher sehen können. Im Nachhinein erkennen wir, wo Gott Spuren im Leben hinterlassen hat. An den Wirkungen und Eindrücken erkennen wir, wo Gott war, wie er ist. wir können diesen Spuren folgen. Nachfolgen. Nicht wir legen die Spur der Liebe und des Guten, Gott legt sie.

Ich wünsche uns, dass wir diese Spuren erkennen. Ich wünsche uns, dass wir den Mut finden, nach Gott zu fragen, auch dann, wenn wir das Gefühl haben, seine Liebe vielleicht gar nicht verdient zu haben. Ich wünsche uns, dass wir den Mut haben, nach Vertrauen zu suchen, nach Wegen, es wiederzufinden, auch dann, wenn es durch uns kaputt gegangen ist. Nicht nur in unserem glaubensleben, sondern auch im Alltag. Und ich wünsche uns die Kraft und den Mut, das vorübergehen auszuhalten. Die Kraft, der Versuchung zu widerstehen, Liebe und Glauben besitzen zu wollen. Mut zum Loslassen. Mut, sich vom Augenblick für den Alltag stärken zu lassen. Das wünsche ich uns immer wieder. Amen