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Freitag, 16. Januar 2009

Der Beste zum Schluss! - Predigt 2.Sonntag nach Epiphanias, 18.01.09, Reihe I

Text: Joh 2,1-12

Liebe Gemeinde!
Na denn - Prost! Jesus sorgt dafür, dass die Feier weitergehen kann. Als der Weinnachschub stockt, macht er sozusagen ein neues Fass auf. Für manche ist diese Geschichte schon immer seltsam und anstößig gewesen. Jesus als einer, der feiert, der für Weinnachschub sorgt. Jesus als einer, der ganz offensichtlich Spaß am Leben und der den anderen Spaß am Leben gönnt. Jetzt will ich natürlich nicht sagen, dass man nur mit Alkohol Spaß am Leben hat. Zuviel Alkohol kann ganz viel Schlimmes anrichten. Und er hat in den Weihnachtsferien ja mit dafür gesorgt, dass mitten in unserer Gemeinde Menschenleben vernichtet wurden. Aber wie bei so vielem anderen auch machen’s die Menge und der Gebrauch. Jesus ist jedenfalls offensichtlich einer, der keinen totalen Verzicht predigt. Manche Menschen hat das so verstört, dass sie die Geschichte so ausgelegt haben, dass Jesus ein doppeltes Wunder vollbracht hätte: Wasser in Wein verwandelt und dann auch noch den Wein so verwandelt, dass er nicht betrunken macht. Aber davon ist nicht die Rede. Bester Wein ist rausgekommen. Da, wo Jesus ist, hat man Grund zum Feiern und Spaß am Leben. Auch das steckt in der Bibelgeschichte. Lange her, höre ich manche sagen. Glauben und Spaß, Kirche und Spaß - für viele sind das zwei Welten. In Konfer muss man was Lernen und man muss in die Gottesdienste, in der Schule gibt’s in Reli Noten. Und überhaupt: Glauben hat doch ganz viel mit Geboten und Verboten, mit Regeln zu tun. Und die Gottesdienste sind ja auch nicht immer ein Ort, an dem man gute Musik, die Laune macht, hört. Und die Predigten - und überhaupt die Leute, die in den Gottesdienst gehen - müssten die nicht viel fröhlicher sein? Einer, der mit Gott und dem Glauben gar nichts zu tun haben wollte, hat mal gesagt: „Wenn ich ernsthaft an Gott glauben sollte, dann müssten die Christen viel erlöster aussehen.“ Leider ist die Beobachtung gar nicht so falsch. Ich muss mir selber auch immer wieder die Frage stellen, warum ich es nicht immer schaffe, durch meine Art und mein Leben deutlich zu machen, dass der Glauben an Jesus und die Begegnung mit ihm nichts sind, was einen Menschen in trüben Gedanken und in Verbote und Regeln einsperren will, sondern etwas, was richtig rundherum Spaß macht. Und das gilt nicht nur für mich. Glauben ist nichts Trauriges. Und wer glaubt, hat Spaß am Leben - leider stehen wir Menschen dieser guten Botschaft oft im Weg.

Aber es geht in dieser Geschichte aus dem Johannesevangelium auch um mehr als um die Freude und den Spaß am Leben, den Jesus und die Begegnung mit ihm bringt. Die Geschichte erzählt viel davon, wer Jesus eigentlich wirklich ist. Was merkwürdig ist, ist das kurze Gespräch mit seiner Mutter. Maria weist Jesus darauf hin, dass der Wein alle ist. Scheinbar traut sie ihm zu, dass er, auf welche Art auch immer, die Gastgeber nicht im Stich lässt und für Nachschub sorgen kann. Weil ja doch die meisten Jesus für einen netten Kerl halten, würden sie wohl folgende Antwort erwarten: „Klar Mama, keine Angst, ich kümmere mich drum!“ Eben so, wie ein guter, netter Sohn mit seiner Mutter redet. Und was sagt Jesus? „Was geht’s dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen!“ Was ist denn mit dem los? So redet man doch nicht mit seiner Mutter! Was gerade diese Stelle in der Geschichte deutlich machen will ist, dass in Jesus wirklich Gott selbst den Menschen begegnet. Jesus ist kein netter Mensch, der für alles und jeden Verständnis hat, er ist kein Prophet oder begabter Lehrer. Sondern in ihm begegnet Gott. Jesus weiß, Gott weiß, was nötig ist. Und wenn Jesus, wenn Gott handelt, dann nicht deshalb, weil ein Mensch meint, dass es vielleicht jetzt mal gut sein könnte, das eine oder andere zu machen, sondern deshalb, weil ER es will und weil es jetzt im Moment an der Zeit und richtig ist. Um das alles richtig zu verstehen, muss man sich noch mal die Antwort der Mutter ins Gedächtnis holen. Sie ist nicht böse oder beleidigt und sagt nicht „Bub, wie kannst du mir das antun und vor anderen so mit mir reden?“ Nein, sie sagt zu den Dienern bei der Hochzeit: „Was er euch sagt, das tut!“ Sie hat erkannt, sie hat das Vertrauen, dass er im richtigen Moment das Richtige tut. Für mich ist dieser Teil der Geschichte eigentlich nichts anderes als eine Auslegung des Vaterunsers: Dein Wille geschehe! Es geht nicht darum, dass wir Gott um nichts bitten dürften. Wir können und sollen ihm alles sagen. Es geht darum, Vertrauen zu bekommen, dass Gott das Gute will und dass er zum richtigen Zeitpunkt Gutes tut. Nur dass das, was in unseren Augen gut und richtig ist, nicht immer zu dem passt, das ist oft die Schwierigkeit. Gott ist, auch wenn er in Jesus Mensch geworden ist, nicht der Wunscherfüllungsautomat. Aber er ist der, der für Menschen gutes Leben will. Nicht die Mutter bestimmt, was gut und richtig ist, sondern Jesus, Gott. Das kann sich decken und deckt sich oft genug, so wie hier, aber es muss sich nicht immer decken. Jesus ist kein Zauberer und nicht „The Next Uri Geller“ sondern er ist tatsächlich Gott.

Und in der Geschichte steckt noch mehr. Der Speisemeister, der die Oberaufsicht über alle Speisen und Getränke hat, wundert sich, dass erst zum Schluss der richtig gute Wein ausgeschenkt wird. So lange die Leute noch den Unterschied schmecken, gibt’s das gute Tröpfchen, dann, wenn sie so viel intus haben, dass es sowieso egal ist, das billige Zeug. Als ich noch ein paar Jährchen oder Jahrzehnte jünger war, fand ich gerade diese Stelle aus der Bibel sehr witzig, weil sie so lebensnah war und mancher Partyerfahrung entsprach. Die Bibel ist kein staubtrockenes Buch, das mit dem Leben nichts zu tun hätte. Trotzdem geht es hier ja nicht um die Frage, welcher Wein wann ausgeschenkt werden soll. „Das Beste zum Schluss!“ Das ist der Punkt. Gerade bei Johannes und in seinem Evangelium läuft alles auf das Ende Jesu am Kreuz und den Neuanfang, der darin steckt, hinaus. Und auch diese Weingeschichte ist eben mit dem Motiv, dass der beste Wein am Ende kommt, schon so ein Vorzeichen davon. Jetzt kann man natürlich sagen: „Wieso soll eine Hinrichtung am Kreuz was Gutes sein?“ Der Punkt ist, dass das eben nicht die totale Katastrophe ist, sondern dass sich am Kreuz zeigt, dass Gott wirklich mächtig ist. So stark, dass er durch den Verlust des Lebens neues Leben möglich wird. So stark, dass die Liebe nicht mit dem Tod stirbt, sondern dass deutlich wird: die Liebe bleibt. Nicht nur irgendwie in Gedanken, sondern als Kraft, die Versöhnung stiftet, die Schuld vergibt und Brücken baut. Das Beste zum Schluss - mit dem Tod Jesu ist eben nicht alles aus, fängt nicht das große Weinen und die große Depression an, sondern in diesem Tod liegt der Anfang eines neuen Lebens. Gerade für die Gemeinde, für die Johannes sein Evangelium zusammengestellt hat, war diese Botschaft wichtig. Es lohnt sich, nicht aufzugeben. Verfolgungen und Benachteiligungen, nicht immer lebensbedrohlich, aber doch lebenserschwerend, waren an der Tagesordnung. „Soll ich nicht meinen Glauben aufgeben, damit es mir besser geht? Lohnt es sich denn noch, zu glauben?“ - Das waren die Fragen, vor denen die Menschen standen. Viele verloren den Mut, die Geduld, die Hoffnung und kehrten dem Glauben den Rücken. „Haltet durch! Es lohnt sich! Das Beste kommt noch!“ Das sollten die Menschen damals hören und wissen. Aber eben nicht so, dass sie vertröstet werden auf ein Jenseits, in dem alles besser wird, sondern so, dass sie wissen sollten: Schon in diesem Leben gibt es Grund, zu feiern, zu leben. Nicht nur mit dem Blick auf ein Jenseits oder Nachher. Gerade diese Botschaft ist für mich heute noch oder wieder wichtig. Lohnt es sich denn überhaupt noch, an Gott, an Jesus zu glauben? Geht es mir nicht besser, wenn ich mir die Kirchensteuer spare, wenn ich nicht mehr in die Gottesdienste gehe, wenn ich nicht mehr drüber nachdenken muss, warum ausgerechnet in dem Land und in der Weltgegend, in der Jesus gelebt hat, Palästinenser und Israelis nicht in Frieden zueinander finden können? Wenn ich nicht mehr darüber nachdenken muss, warum Menschen, die für sich in Anspruch nehmen, Christen zu sein, Kriege im Irak begonnen haben, warum auch Christen in politisch oder wirtschaftlich verantwortlicher Position sich schwer damit tun, auch Armen ein würdiges Leben zu ermöglichen? Es lohnt sich, nach der Hoffnung zu fragen, da zu bleiben. Nicht, weil am Ende der gute Wein kommt und in ferner Zukunft alles besser wird, sondern weil schon jetzt, so, wie in der Geschichte, immer wieder erkennbar ist, dass es mehr gibt als das Negative. Wenn wir mit offenen Sinnen leben und uns, wie die Diener in der Geschichte, wie der Speisemeister in der Geschichte, einfach mal drauf einlassen, hinzuhören, mitzumachen, zu glauben, auch wenn wir nicht alles verstehen.

Jetzt war die Predigt wieder lang und es gab auch wenig Grund, zu lachen. Und Wein gab’s auch keinen. Spaß am Leben, Spaß am Glauben - das zu finden ist, glaube ich, gar keine Sache der großen Worte. Und auch wenn ich es schaffen würde, die besten Witze in der Predigt zu erzählen - die Wirkung wäre ja dann doch blad vorbei. Ich glaube, wir brauchen auch nicht drauf zu warten, dass andere uns erzählen, was Spaß ist, wie Leben Grund zum feiern sein und haben kann. Sondern dass wir, wie Jesus bei der Hochzeit, einfach mitfeiern. Und leben. Und dabei merken, wie viel Spaß es macht, eine Hoffnung zu haben und der Liebe Vertrauen zu können. Mit oder ohne Wein.

Amen.

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